Jetzt muss die FDP den Sprung ins kalte Wasser wagen – zum Wohle des Landes

„Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch“, schrieb Friedrich Hölderlin im Jahr 1803. Die deutsche Wirtschaft, ja ganz Deutschland, ist in Gefahr. Das Rettende könnte aus der Kanzlerkandidatur von Friedrich Merz heranwachsen.

In Gefahr war die deutsche Wirtschaft schon früher. Anfang der 80er-Jahre drückten sie ein aufgeblähter Wohlfahrtsstaat, verharzter Arbeitsmarkt und eine hohe Steuerlast zu Boden. Otto Graf Lambsdorff initiierte 1982 den Bruch der sozial-liberalen Regierung Helmut Schmidts und schuf damit die Voraussetzungen für Reformen in der schwarz-gelben Regierung von Helmut Kohl.

Anfang des neuen Jahrhunderts machte die Wiederkehr der alten Probleme Deutschland zum „kranken Mann Europas“. Gesundung kam mit der Agenda 2010 der Regierung Schröder. Nun sind die alten Probleme wieder da und neue türmen sich auf.

In der langen Regierungszeit von Angela Merkel wurde die erneute Aufblähung des Wohlfahrtsstaats unter Wahrung der von ihrem Finanzminister Wolfgang Schäuble bewachten Schuldenbremse durch Vernachlässigung der Verteidigungsfähigkeit und der öffentlichen Infrastruktur finanziert. Merkel öffnete die Grenzen für die Völkerwanderung aus Kleinasien und Afrika in den deutschen Sozialstaat. Mit dem Ukrainekrieg scheiterte ihre Energiepolitik, die auf billiges Gas aus Russland zur Absicherung der wankelmütigen erneuerbaren Energiequellen gesetzt hatte.

Das als Absatzmarkt für deutsche Produkte umworbene China entpuppte sich als Gegner, der die Kriegsdrohung aus Russland durch wirtschaftliche Bedrohung ergänzt. Statt sie zu bekämpfen, hat die Regierung von Olaf Scholz die Misere mit weiteren sozialen Wohltaten, der Abschaltung der Atomkraftwerke und ideologiegesteuerter wirtschaftlicher Zentralplanung vergrößert.

Eine über ihre Vorgängerin hinausgehende „Agenda 2030“ ist nötig, um Deutschland vor dem weiteren Abstieg zu bewahren. Mit der von Friedrich Merz und Carsten Linnemann vorangetriebenen Erneuerung der CDU, die in der Kanzlerkandidatur von Merz kulminierte, eröffnet sich dafür eine Chance. Doch die Aufgabe ist gewaltig. Merz und Linnemann müssen den von Merkel und Scholz herangezogenen „sozialen Untertan“ (Ludwig Erhard) davon überzeugen, den Gürtel enger zu schnallen und die Ärmel aufzukrempeln.

Soziale Wohltaten müssen gekappt, Ausgaben für Verteidigung und Infrastruktur erhöht und die nationalen Grenzen gegen den Widerstand der EU gesichert werden. Die Energiepolitik braucht eine Kehrtwende und das Bildungssystem die Erneuerung. Die Staatsbürokratie muss gestutzt werden.

Die Gefahr ist groß, dass der „Untertan“ vor dieser Zumutung zu den national-sozialen Verführern am rechten und linken politischen Rand ausbüxt. Gewinnen sie die nächste Bundestagswahl, müssen CDU und CSU daher bereit sein, auch eine Minderheitsregierung zu bilden, die sinnvolle Unterstützung von den Randparteien nicht kategorisch ausschließt.

Damit das Rettende wachsen kann, kommt der FDP eine schwierige Aufgabe zu. Sie muss das Wohl des Landes über das Wohlleben ihrer Minister stellen und die Ampelregierung sprengen. Statt sich auf der sinkenden „Titanic“ bis zum sicheren Untergang an der Reling festzuklammern, muss sie den Sprung ins kalte Meer wagen.

Ob die Partei vom Regierungsdampfer CDU/CSU aufgefischt werden kann, ist zweifelhaft. Tröstlich sollte für die FDP aber sein, dass sie durch „nicht statt falsch regieren“ der von Christian Lindner viel beschworenen staatspolitischen Verantwortung endlich gerecht werden kann.

Thomas Mayer ist Gründungsdirektor des Flossbach von Storch Research Institute