Weniger rein – mehr raus? Kann die Asyl-Formel der Union für die neue Schwarz-Rot-Regierung jetzt dank eines Hammer-Urteils aufgehen?
Experten sind optimistisch. Grund: das Asyl-Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes in Leipzig von Mittwochabend (BILD berichtete). Die Bundesrichter haben entschieden: Deutschland darf arbeitsfähige Migranten, die in Griechenland angekommen sind und dort schon Asyl beantragt haben, auch wieder dorthin zurückschieben – so wie in jedes andere EU-Land auch.
Unions-Innenexperten wie Christoph de Vries (50) hatten noch am Abend gegenüber BILD gejubelt, von einem „Gamechanger und einer beachtlichen Kehrtwende“ gesprochen. Das Bundesinnenministerium begrüßte gegenüber BILD das Urteil – und kündigte rasche Konsequenzen an.
Und nun auch Erleichterung beim künftigen Koalitionspartner. SPD-Innenexperte und Fraktionsvize Dirk Wiese (41) zu BILD: „Ich rechne zeitnah mit mehr Überstellungen nach Griechenland im Rahmen europäischen Rechts, wenn es für Asylsuchende zuständig ist – ohne zeitraubende Verfahren.“ Das würde unsere Städte und Gemeinden vor dem Inkrafttreten der neuen europäischen Asylregeln, dem GEAS, entlasten. Wiese: „Die Entscheidung des höchsten deutschen Verwaltungsgerichts schafft wichtige Klarheit.“
Und die Zahl derer, die sich aus Griechenland illegal auf den Weg zu uns gemacht haben, ist beachtlich! Das Bundesamt für Migration (BAMF):
▶︎ „Seit 2020 waren in nahezu 100.000 Fällen Ausländer, die in Griechenland bereits asylrechtlichen Schutz erhalten hatten, nach Deutschland weitergereist und hatten erneut einen Asylantrag gestellt.“
Schon in den Jahren zuvor waren etwa genau so viele aus Griechenland gekommen.
BAMF-Präsident Hans-Eckhard Sommer sieht sich in seiner Rechtsauffassung bestätigt und kündigt in einer ersten Reaktion nun schnelles und hartes Vorgehen an:
▶︎ „Wir werden dieses Urteil sofort umsetzen und Asylanträge dieses Personenkreises konsequent als unzulässig ablehnen.“
▶︎ „Um deutlich zu machen, dass sich die Weiterwanderung nach Deutschland nicht lohnt, muss es nun schnell zu Abschiebungen nach Griechenland kommen.“
Allein im Jahr 2024 stellten laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) 25.112 Migranten einen Asylantrag, die zuvor in Griechenland sogar als Flüchtlinge anerkannt waren.
Seit Jahren hatten Gerichte wegen der griechischen Asyl-Bürokratie und der notdürftigen Versorgung von Migranten verhindert, dass vor allem junge Männer, die sich illegal von Griechenland aus auf den Weg nach Deutschland gemacht hatten, wieder zurückgebracht wurden.
Nun das brettharte Wende-Urteil aus Leipzig:
▶︎ Nach einer Rückkehr nach Griechenland müssten sich die Migranten zwar durch einen Behördendschungel kämpfen. Aber: Es sei möglich, Unterkunft zu finden. Zugang zu Essen gebe es notfalls über Suppenküchen und Arbeit auch über „die sogenannte Schattenwirtschaft“.
▶︎ Maßstab sei, ob den Migranten in Griechenland „Brot, Bett und Seife“ zur Verfügung stünden, sagte der Vorsitzende Richter Robert Keller. „Das ist nicht viel, das wissen wir auch. Das ist ein harter Maßstab.“
▶︎ Nach Überzeugung des Senats sind die Lebensbedingungen in dem südeuropäischen Land jedoch nicht so, dass die Menschen in ihren Rechten aus der EU-Grundrechtecharta verletzt würden. Asylanträge alleinstehender, gesunder Schutzberechtigter dürften daher zurückgewiesen werden.