Ist schon gut, Matthias, du hast ja sehr nett geschrieben

Vielleicht ist es auch zu viel erwartet, dass der
München auf
dem langen Weg zum Ende
ein Feuerwerk an übertrieben guten Filmen abfackelt;
dass es nur noch kluge, womöglich seriell gedachte Folgen gibt, die sich
langsam steigern hin zum großen Finale. (BR-Redaktion:
Cornelius Conrad) jedenfalls betreibt , also das, was
München meistens war, bloß halt mit zwei Sympathieträgern: dem Ivo (Miro Nemec)
und dem Franz (Udo Wachtveitl).

In gewisser Weise schließt (offiziell erst die
98. Folge, wurde aber früher fertig) an den letzten Münchner :
(96. Folge) an. Wieder spielt der Film an einem exklusiven, auf jeden Fall
attraktiven Ort: Schloss Elmau, das seit dem G7-Gipfel von 2015 mit dem
legendären „How
much is the fish“-Foto von Angela Merkel und Barack Obama
verbunden ist.
Ein Bild, das aus heutiger Sicht den starken Eindruck vermittelt, dass früher
doch manches besser war; das Verhältnis zwischen Deutschland und den USA zum
Beispiel.

Schloss Elmau liegt südlich von, filmgeschichtlich
gesprochen, . Und noch viel südlicher vom schönen Ammersee, weshalb man sich
durchaus innerbayerische Empörung vorstellen kann, wer da auf die Idee gekommen ist,
das Schnösel-Reichen-Schloss nach der kulturvoll-unprätentiösen
Gegend um den Ammersee
zu nennen.

Im heißt Schloss Elmau nämlich „Ammer
Krone“ und ist der Schauplatz eines hochklassigen Schachturniers. Bei dem
kommt Lilit Kayserian (Sabrina Schieder) zu Tode, die Sekundantin und Geliebte
von Natalie Laurent (Roxane Duran) war. Natalie Laurent wiederum mischt die
Männerwelt des Schachs auf, woraus der Krimi seinen Konflikt ziehen will. Es
gibt einen fies-machistischen Schachverbandspräsidenten (Husam Chadat) aus
Aserbaidschan, einen Gianni-Infantino-esken Turniermanager (Robert Dölle) und
einen nerdig-alternden Favoriten (Max Befort), der wie ein unlässiger
Magnus-Carlsen-Verschnitt entworfen ist.

Ein kerniges Setting, das die Handschrift von Drehbuchautor
Robert Löhr erkennen lässt, der einen Auftritt als Barkeeper hat. Wie in und
spielt der Film an einem einzigen Ort, sind die Charaktere klar erkennbar und
mitunter am Rande zur Karikatur. Allerdings gerät die Entwicklung von
Verdachtsmomenten zäh, weil kleinteilig. Auf den Tod von Kayserian, der lange
wie ein Suizid aussieht, folgen zwei weitere Morde, die die Verwirrung eher steigern.
Zuerst trifft es, fälschlicherweise, wie sich herausstellen wird, Sophie Jeong
(Felicia Chin-Malenski). Die Mitarbeiterin vom Turniermanager führt den Pathologen
Matthias Steinbrecher (Robert Joseph Bartl) immerhin zur Tatwaffe: einem
Nervengift, das schnell und unsichtbar tötet wie beim
Mord an Ex-Spion Sergei Skripal
.

Dann muss auch Steinbrecher sterben, als er den
nerdig-alternden Favoriten vor der Vergiftung bewahren will und dabei selbst in
Kontakt kommt mit dem hochwirksamen Gift. Der Pathologe hat in
viel Dialog. Er wird als Schachfan eingeführt, der als Zuschauer schon beim
Turnier weilt, als Kayserian stirbt, und dem Ivo, dem Franz und dem Kalli
Hammermann (Ferdinand Hofer) die Regeln des Spiels erklärt – und dem Publikum
in einer zentralen Szene die Magie des Spiels aller Spiele.

Wenn Steinbrecher dann stirbt, ist das ein intensiver
Moment, bei dem der Franz und der Kalli kurz aus der vor sich hinschnurrenden
Routine ihrer Rollen treten – Wachtveitl und Hofer spielen das Entsetzen
darüber, dass der Kollege da vor ihnen liegt, sehr konzentriert. Heftig
ist dieser Moment auch, weil Stammpersonal im eher selten
umkommt, die Kavallerie meist noch rechtzeitig zur Rettung eintrifft. Aber hier
liegt Steinbrecher da, und es gibt eben keine Erste Hilfe oder lebensrettende
Maßnahmen wegen des schnell wirkenden Gifts.

Die hochprofessionelle Tatwaffe deutet auf Zugang zu
postsowjetischen Geheimdienst-Giftschränken hin. Aber der
Schachverbandspräsident überlebt seine versuchte, wenig packend inszenierte
Flucht aus Bayern auch nicht (Regie: Nina Vukovic), weil es am Ende einer
seiner Bodyguards war. Dieser Timur (Bardo Böhlefeld) ist so sehr Fan von
Natalie Laurent, dass er ihr den Weg an die Weltspitze freimorden will. 

Leider
macht die Enthüllung den eh schon mühsamen Fall nicht spritziger; es muss dann
nämlich in langen Rückblenden gezeigt werden, wie Timur das gemacht hat. Das
ist kein gutes Zeichen, weil es bei der nachgereichten Erläuterung eben nicht
darum geht, eine überraschende, ganz andere Lesart der Geschichte zu
präsentieren, sondern endlich zu sortieren, was zuvor an Hinweisen breit
gestreut wurde. Das verströmt eher den Charme einer Steuererklärung als
Spannung.

Und dann schließt sich auch noch ein längliches Finale an,
bei dem Timur droht, den Wettkampfsaal in die Luft zu jagen, in dem er zuvor
Sprengstoff deponiert hatte, um ihn per Fernsteuerung zünden zu können. Wie das
verhindert wird, steht exemplarisch für die umständlichen Einfälle, die
zusammenhalten: Der kaputte Störsender, der eine Kommunikation per Funk unmöglich machen soll (um Betrug beim Spiel zu
verhindern), ist in letzter Sekunde repariert worden, und legt die Fernsteuerung von Timur lahm. Eine gestörte
Funkverbindung ist allerdings etwas, das man nicht sehen kann, was in einem
Film dann nicht so eindrucksvoll ist; die Erklärung muss auch hier nachgereicht
werden vom Kalli.

Ein Problem dieser -Folge ist außerdem, dass
die Figuren vage bleiben, weil das Drehbuch sie in der Schwebe hält, um als
Verantwortliche für die Morde infrage zu kommen. Natalie Laurent ist etwa
einerseits Opfer der Sexismen in der Männerwelt des Schachs, andererseits eine
intrigante Betrügerin – wie soll man mit so einem Charakter fühlen? Wenn
Laurent am Ende vielsagend Timur beim Abgeführtwerden zuzwinkert, um
anzudeuten, dass sie in dessen tödlichen Liebesdienste irgendwie verwickelt
war, dann löst das kein großes Aha aus, sondern eher Gähnen – wenn ein
Charakter so unscharf und uninteressant ist wie diese Schachspielerinnenfigur,
dann ist einem auch egal, was sie tut.

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