Assads Sturz in Syrien wirbelt den Nahen Osten durcheinander: Russland, der Iran und das Nachbarland Türkei hatten im Bürgerkrieg mitgemischt – nun stehen die ersten beiden Despoten-Länder, die den Tyrannen schützten, als große Verlierer da.
Heißt: Türkei-Präsident Erdogan kann sich freuen!
Was will Erdogan?
Erdogan interessiert:
▶︎ Machtpolitisch: eine sunnitisch-islamistische Regierung in Syrien;
▶︎ Sicherheitspolitisch: Ein Zurückdrängen der Kurden-Milizen;
▶︎ Und er will ein Problem loswerden: die drei Millionen syrischen Flüchtlinge, bei seiner inflationsgebeutelten Bevölkerung für Unmut sorgen.
Am Montag sprach Erdogan von einer „neuen Realität“ in Syrien, lobte die Rolle seines Landes, ohne übers Militär zu sprechen. „Die Geschichtsschreibung wird festhalten, dass die Türkei erfolgreich den Test bestanden hat, die syrischen Flüchtlinge zu beherbergen“, sagte er.
Wie sehr hat er mitgemischt?
Doch Erdogan steht im Verdacht, die erfolgreiche Blitz-Offensive der Rebellen noch mehr beeinflusst zu haben als er bereit ist, zuzugeben. Er dementiert: „Wir sind nicht interessiert an jeglichem Stück irgendeines Landes.“
Fakt ist: Die türkische Armee kontrolliert seit ihrem Einmarsch Teile Nordsyriens und bewaffnet islamistische Gruppen. Zwar haben genau solche jetzt den Durchmarsch nach Damaskus geschafft – wie gut sich die Türkei aber mit der größten Rebellengruppe HTS (Hayat Tahrir asch-Scham) versteht, ist aber unklar.
Syrien muss mit Agitation rechnen
Türkei-Experte Eren Güvercin zu BILD: „Erdogan investiert schon seit Jahren in die Ära nach Assad. Nach dem Sturz des Assad-Regimes und dem Wegfall Russlands und dem Irans als wichtige Player in Syrien wird Erdogan eine Schlüsselrolle einnehmen.“
Und weiter: „Spannend wird sein, wie die neue politische Führung in Damaskus mit der türkischen Agitation umgehen wird. Denn nicht alle bewaffneten Gruppen sind mit der Türkei und ihrer Rolle in Syrien einverstanden.“
Ist Erdogan in Syrien unser Partner?
Immer wieder hetzt Islamist Erdogan gegen den Westen und Israel, führt sich als das Nato-Mitglied auf, das für die größten Kopfschmerzen im Bündnis sorgt – nicht zuletzt durch seine offene Unterstützung der Hamas im Gazastreifen seit dem 7. Oktober 2023. Und: Er lässt sich teuer bezahlen, dass er die Flüchtlinge nicht Richtung Europa schickt.
Gerade deswegen müssten Brüssel und Berlin jetzt schnell mit ihm reden, sagt EU-Außenpolitik-Legende Elmar Brok (78, CDU). Brok zu BILD: „Erdogan kann sich jetzt zum starken Mann in der Region entwickeln, wo vor allem die Russen aus dem Spiel sind. Die EU und Berlin wären gut beraten, mit ihm schnell Kontakt aufzunehmen – gerade auch für die Sicherheit Israels und die Stabilität in der Region.“