Sie ist zweifellos die Frau der Stunde: Ausgerechnet Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni (48, rechtspopulistische Fratelli d’Italia) erinnerte US-Präsident Donald Trump (78) gestern im Weißen Haus daran, dass die Vereinigten Staaten und Europa Seite an Seite stehen.

In Anspielung auf Trumps programmatischen Wahlkampf-Slogan „Make Amerika Great Again“ sagte Meloni „Make the West Great Again“. Auf Deutsch: „Macht den Westen wieder groß“. Donald Trump nickte, sagte gütig: „Das können wir.“

Meloni, ganz in Weiß, lächelte über die gelungene Überrumpelung. „Bella figura machen“ nennt man das in Italien. Ihr Erfolg: Die transatlantischen Partner reden wieder miteinander, verbreiten sogar Optimismus für eine Lösung im Zoll-Streit.

Doch ganz Europa fragt sich: Wo ist eigentlich die echte Chefin, Ursula von der Leyen (66, CDU)? Sie ist immerhin die Kommissionspräsidentin.

Anfangs von allen unterschätzt

Zugetraut hätte ihr die Rolle als Trumps wichtigste Ansprechpartnerin in Europa niemand, als Meloni im September 2022 als erste Frau überhaupt an die Spitze der italienischen Regierung gewählt wurde. Die einen rümpften die Nase wegen der Schmuddelkinder in der Partei, die es partout nicht schaffen, sich vom Faschismus zu distanzieren. Die anderen belächelten sie wegen ihrer fehlenden Erfahrung und ihrer anfangs, nun ja, schrillen Wahlkampfauftritte.

Zweieinhalb Jahre später ist es Giorgia Meloni, die lächeln kann: Während Frankreichs Emmanuel Macron strauchelte und Deutschlands Ampel-Regierung stürzte, führte sie Italien vergleichsweise stabil, konnte ihre Popularität sogar steigern, wenngleich das leider auch für Italiens horrende Staatsverschuldung (über drei Billionen Euro, 135 Prozent vom BIP) gilt.

Auf dem europäischen Parkett übertraf sie alle Erwartungen, indem sie sich – anders als etwa die deutsche AfD, ihr früherer Förderer Viktor Orbán oder auch ihr Regierungspartner Matteo Salvini – fest an der Seite der Ukraine positionierte. Aus ihrer Abneigung für die AfD machte Meloni nie einen Hehl: Es sei eindeutig, dass es mit ihr unüberbrückbare Differenzen gebe, angefangen bei den Beziehungen zu Russland, sagte Meloni einmal vor Reportern.

Deal mit Tunesien trägt Melonis Handschrift

Paradox: Obwohl sie mit dem europäischen Föderalismus hadert, im Grunde also mit einem EU-Grundprinzip, half ausgerechnet sie der Union aus seiner größten Krise.

Sie flog zusammen mit EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und dem damaligen Holland-Premier Mark Rutte nach Tunesien, um durch einen Deal den Flüchtlingsansturm übers Mittelmeer dramatisch zu reduzieren. Seitdem sind die Schlepper abgemeldet, gingen die Zahlen der Neu-Ankömmlinge, der Schiffbrüchigen und der Toten massiv zurück.

Zum Prinzip Abschreckung gehört auch, dass Meloni später in Albanien ein Flüchtlingszentrum bauen ließ, um offensichtlich aussichtslose Asylanträge dort bearbeiten zu lassen.

Von der Leyen findet keinen Draht zu Donald Trump …

Etwas peinlich für EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen: In Bezug auf die Beziehungen zu den USA nahm Meloni ihr den Job fast komplett ab. Meloni war es, die noch zu Ende der Joe-Biden-Regierungszeit in Mar-a-Lago (Florida) Drähte zu Wahlsieger Trump knüpfte, einen ausgezeichneten Draht zu ihm fand und dessen Lieblings-Milliardär Elon Musk („Sie ist innen noch schöner als außen“) offensichtlich um den Finger wickelte.

Sie war es, die als einzige EU-Regierungschefin an Trumps Amtseinführung teilnahm – und darüber pflichtschuldig von der Leyen informierte, die mit einer schweren Lungenentzündung in Hannover in der Klinik lag.

… und wenn doch, dann dank Meloni

Und während sich die EU-Kommission nach dem Schock über Trumps angekündigte Strafzölle ebenso verzweifelt wie vergeblich um einen Termin im Weißen Haus bemühte, flatterte die Einladung nach Rom. „Diese Frau dealt jetzt für Europa“, titelte BILD.

Tatsächlich fand sich in Brüssel niemand, der Meloni für das Treffen mit Trump nicht die Daumen gedrückt hätte. Als Erfolg gilt auch, dass Trump die Einladung zum Staatsbesuch annahm und sogar in Erwägung zieht, dort auch die EU-Spitzen um Ursula von der Leyen zu treffen. Dass Italien und Amerika sich auch noch auf Rüstung-, LNG- und KI-Investitionen einigten, geriet nach dem Meloni-Besuch in Washington fast schon zur Nebensache.

Nur in Paris soll ein gewisser Emmanuel Macron grübeln, wie zum Teufel es passieren konnte, dass plötzlich alle Wege nach Rom führen, wenn es darum geht, den Westen wieder großzumachen.