Migrations-Talk bei Lanz. Zunächst ging’s um frische, tagesaktuelle Politik: Der Kanzler hatte am Dienstag gegenüber seiner Fraktion indirekt mit der Vertrauensfrage – und folglich mit dem Ampel-Aus – gedroht! Grund: Abweichler in den eigenen Reihen wollen sich wohl beim Sicherheitspaket und der geplanten „Bett-Brot-Seife-Politik“ für Asylbewerber querstellen. BILD hatte berichtet.
„Wenn wir jetzt einfach sagen, wir stimmen nicht zu, dann ist diese Koalition kaputt“, erklärte der SPD-Abgeordnete Michael Roth (54) in der Lanz-Runde. „Da wird es noch viele Gespräche geben (…) und dann werden wir zu einer Mehrheit kommen müssen. Sonst werden wir Weihnachten mit dieser Regierung nicht mehr erreichen. Das muss allen klar sein.“
Hält die Ampel bis Weihnachten durch?
Roth glaubt schon. „Ich gehe fest davon aus, dass eine Nein-Stimme in der Fraktionssitzung nicht automatisch eine Nein-Stimme im Bundestag ist.“
„Es könnte eng werden“, sagt Eva Quadbeck (54), Chefredakteurin des „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Es gäbe etwa fünf bis sechs drohende Abweichler in der SPD, hinzu kämen mögliche Grünen-Abweichler. Das sei jedenfalls eng genug, als dass der Kanzler mit dem „sehr scharfen Schwert“ der Vertrauensfrage drohe.
Palmer über ein kriminelles Muster
Auch in der Runde: Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (52, Ex-Grüner, jetzt parteilos). Er prangert ein Muster an, betreffend „allein reisende, männliche Asylbewerber irgendwo zwischen Afghanistan und dem Maghreb“. Palmer: „Man weiß, dass die schon oft kriminell geworden sind, sie werden aber nicht gestoppt und irgendwann kommt das Messer und Menschen sind tot.“
Die Politik habe dieses Muster lange geleugnet, sei gerade erst wachgerüttelt worden. Dass die schärferen Asylmaßnahmen jetzt in der SPD doch wieder infrage gestellt werden, „das ist für mich sehr schwer zu verstehen“.
Auch der linke Roth spricht Klartext
Michael Roth gibt Palmer „auch aus linker, aus progressiver Sicht“ recht. Er habe sein ganzes politisches Leben „gegen patriarchale Strukturen, für Geschlechtergerechtigkeit und Akzeptanz von sexuellen Minderheiten gekämpft“. Er wolle nicht, dass „durch die Hintertür“ Menschen nach Deutschland kommen, denen das alles „schnurzpiepegal“ ist.
Roth: „Es gibt Menschen, Schwule wie ich, die würden gerne Händchen haltend überall in Deutschland unterwegs sein. Es gibt jüdische Freunde, die möchten auch in Berlin und andernorts mit ihrem religiösen Bekenntnis als Jude in der Kneipe oder an den Unis unterwegs sein – ohne Angst, von jemandem verdroschen zu werden. Das sind für mich als Linken alles Selbstverständlichkeiten.“ Wer zu diesem Respekt nicht in der Lage sei, gehöre nicht hierher.
Warum dieser Klartext erst jetzt kommt, fragt Boris Palmer. Das sei doch „gesellschaftlicher Konsens“: „Hätten wir das schon vor Jahren gesagt, wäre die AfD nicht bei 30 Prozent“, sagt er.
Michael Roth antwortet entwaffnend ehrlich: „Ja, der eine braucht vielleicht ein bisschen länger als der andere …“