Trotz immer neuer Industrie-Gipfel, groß versprochener Wirtschafts-Wenden und einer zuletzt leicht aufhellenden Konjunktur – viele Unternehmer haben das Vertrauen in Deutschland verloren.

Und ziehen jetzt entsprechende Konsequenzen: Wie eine am Freitag veröffentlichte Umfrage des Beratungskonzerns EY belegt, will fast jedes zweite deutsche Industrieunternehmen ins Ausland expandieren. 45 Prozent wollen neue Standorte außerhalb Deutschlands errichten. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hatte dazu 115 Top-Manager von Industriefirmen telefonisch interviewt.

Bitter: In Deutschland soll dagegen kaum neu investiert werden: Nur 13 Prozent planen hier neue Standorte aufzubauen.

Die Expansionen ins Ausland könnten noch mehr Job-Abbau im Inland mit sich bringen. 29 Prozent der Unternehmen wollen dies voraussichtlich tun. Dass Arbeitsplätze aus dem Ausland zurück nach Deutschland verlagert werden, kommt hingegen selten vor: Nur vier Prozent der befragten Unternehmer planen einen solchen Schritt.

Jan Brorhilker, Managing Partner des Geschäftsbereichs Assurance von EY, kommentiert: „Die deutsche Industrie sendet Alarmsignale. Angesichts düsterer Konjunkturaussichten auf dem Heimatmarkt orientieren sich viele Unternehmen ins Ausland, um dort von besseren Rahmenbedingungen zu profitieren.“ Für den Standort Deutschland hieße das weniger Umsatz, weniger Arbeitsplätze, weniger Investitionen.

Unterm Strich werden nach Einschätzung von 63 Prozent der Manager in den kommenden Jahren Arbeitsplätze in Deutschland verloren gehen. 84 Prozent bewerten die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung hierzulande negativ, davon 23 Prozent sogar sehr negativ. 48 Prozent rechnen mit einer Verbesserung in den kommenden fünf Jahren, etwa genau so viele erwarten keine Verbesserung.

Ebenfalls eine große Rolle spielt der Fachkräftemangel: 57 Prozent bezeichnen das Fehlen von ausreichend qualifizierten Mitarbeitern als wichtige Wachstumsbremse. Dass die Beschäftigten nicht leistungsbereit genug sind, sagen dagegen nur 13 Prozent der Manager. Auch ein hoher Krankenstand ist offenbar kein Kernproblem: Nur sechs Prozent der Befragten bezeichnen eine hohe Zahl von Krankmeldungen als einen der Hauptgründe für die aktuelle Schwäche der Wirtschaft.