Die Proteste in der Türkei gehen weiter. Während Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan (71, AKP) vor einer Teilnahme warnt und von Vandalismus spricht, steht am Wochenende eine wichtige Entscheidung an: Muss Oppositionspolitiker Ekrem Imamoglu im Gefängnis bleiben?
Imamoglu sitzt seit Mittwoch in Istanbul in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Istanbuler Bürgermeister unter anderem Korruption und Kontakte zu einer terroristischen Organisation (konkret: der PKK) vor.
Am Samstagnachmittag wurde er von der Polizei befragt, musste sich fünf Stunden lang den Fragen der Beamten stellen. Anschließend wurde er zum Gericht gebracht, um gegenüber der Staatsanwaltschaft auszusagen. Außerdem sollte er einem Richter vorgeführt werden.
Am Wochenende läuft die viertägige Frist der Untersuchungshaft ab. Bislang ist allerdings unklar, ob nach Imamoglus Aussage vor dem Richter eine Entscheidung über eine weitere Haft des Oppositionspolitikers gefällt wird.
Imamoglu weist Vorwürfe scharf zurück
Imamoglu wies die Vorwürfe gegen ihn scharf zurück. Bei der Polizei-Befragung sagte er nach Angaben des Rathauses, die „unmoralischen und unbegründeten Vorwürfe“ zielten darauf ab, sein „Ansehen“ und seine „Glaubwürdigkeit“ zu untergraben.
Die Opposition spricht von Willkür und politischer Verfolgung, zumal der größte Konkurrent von Erdogan dieser Tage seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahl im Jahr 2028 bekannt geben wollte.
Neue Proteste erwartet
Auch am Samstag gingen im ganzen Land wieder Menschen gegen Imamoglus Festnahme auf die Straße. Sein Parteifreund und Vorsitzender der CHP, Özgür Özel (50), hatte zu den Demonstrationen aufgerufen. Dabei könnte sich die Lage noch einmal verschärfen, falls Imamoglu in Haft bleiben muss.
Vor dem Gerichtsgebäude, in dem der Erdogan-Rivale aussagen muss, hatte die Polizei zahlreiche Wasserwerfer in Position gebracht. Auch dort kamen Menschen zum Protest zusammen.
Der türkische Justizminister Yilmaz Tunc schrieb auf X: „Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit sind Grundrechte. Aber während einer laufenden Ermittlung zu Protesten aufzurufen, ist illegal und inakzeptabel“. Die Regierung hatte zuvor ein viertägiges Demonstrationsverbot verhängt.
▶︎Auch Erdogan selbst äußerte sich, nannte die Demonstrationen „unverantwortlich“: „So wie wir dem Terrorismus nie nachgegeben haben, werden wir auch dem Vandalismus nicht weichen.“ In der Nacht zu Samstag wurden nach Angaben des türkischen Innenministeriums bei Demonstrationen 343 Menschen in der Türkei festgenommen.