Sinkende Energiepreise haben die deutsche Inflationsrate im August erstmals seit rund dreieinhalb Jahren unter die Zwei-Prozent-Marke gedrückt. Waren und Dienstleistungen verteuerten sich nur noch um durchschnittlich 1,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag in einer ersten Schätzung mitteilte.
Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einem Rückgang der Teuerungsrate auf 2,1 Prozent gerechnet, nachdem sie im Juli noch auf 2,3 Prozent gestiegen war – von 2,2 Prozent im Juni. Von Juli auf August sanken die Verbraucherpreise sogar, und zwar um 0,1 Prozent. Die Kerninflation ohne Energie und Nahrungsmittel ging um 0,1 Punkte auf 2,8 Prozent zurück.
Ökonomen geben dennoch keine Entwarnung. „Ab jetzt geht es leider wieder aufwärts“, sagte Chefvolkswirt Cyrus de la Rubia von der Hamburg Commercial Bank. In den kommenden sechs bis zwölf Monaten dürfte sich die Rate in Richtung drei Prozent bewegen. Die im Herbst 2023 gefallenen Energiepreise führten nun dazu, dass die Inflationsrate demnächst wieder etwas anziehen werde, sagte auch Chefvolkswirt Holger Schmieding von der Berenberg Bank. „Das sind halt die oft zitierten Basiseffekte.“
Im August sanken die Energiepreise um durchschnittlich 5,1 Prozent zum Vorjahresmonat. „Benzin, Diesel und Heizöl waren im August günstiger als zuvor“, betonten die Ökonomen der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba). So fiel der Benzinpreis dem ADAC zufolge in den vergangenen Tagen zeitweise auf den niedrigsten Stand des Jahres. Dienstleistungen verteuerten sich hingegen mit 3,9 Prozent überdurchschnittlich. „Hohe Lohnabschlüsse treiben weiterhin die Dienstleistungspreise“, hieß es dazu bei der Helaba. Viele Unternehmen versuchen, gestiegene Personalkosten an ihre Kunden weiterzureichen. Für Nahrungsmittel wurden im Schnitt 1,5 Prozent mehr verlangt als im August 2023.
Konsum der Verbraucher springt nicht an
Die Inflation belastet die Kauflaune der Verbraucher. Trotz gestiegener Löhne halten viele Menschen ihr Geld weiter zusammen. Im zweiten Quartal gab der private Konsum nach Angaben des Statistischen Bundesamts um 0,2 Prozent zum Vorquartal nach. Zudem trübte sich im August die Stimmung der Verbraucher ein, wie die Konsumklimastudie der Nürnberger Institute GfK und NIM zeigt. Die Erwartungen zu Einkommen und Konjunktur sind demnach gefallen, genauso wie die Anschaffungsneigung – die Sparneigung ist dagegen gestiegen.
Auf längere Sicht ist die Kaufkraft der Verbraucher während der Inflationswelle gesunken. Zwar wuchs das mittlere Haushaltseinkommen nach Angaben des Statistischen Bundesamts von 2022 auf 2023 um 5,1 Prozent – die Teuerungsrate lag aber bei 5,9 Prozent. Die Inflation hatte sich nach dem russischen Angriff auf die Ukraine Anfang 2022 rasant beschleunigt, weil vor allem Energie viel teurer wurde.
Doch Deutschlands Arbeitnehmer haben die Kaufkraftverluste aus den Hochinflationszeiten zunehmend wettgemacht. Im zweiten Quartal übertrafen die Steigerungen der Bruttolöhne das fünfte Mal in Folge die Entwicklung der Verbraucherpreise. Die Reallohnsteigerung für das zweite Quartal beziffert das Statistische Bundesamt auf 3,1 Prozent.
Angesichts der kräftigen Gehaltszuwächse bleibt der private Konsum die wichtigste Hoffnung für die deutsche Wirtschaft, die im zweiten Quartal um 0,1 Prozent schrumpfte. Für die zweite Jahreshälfte erwarten Ökonomen nur wenig Besserung. Die Deutsche Bundesbank erwartet für das laufende Jahr nur ein Mini-Wachstum von 0,3 Prozent.