So albern es zu berichten erscheint, aber in den Beeten vor der Metropolitan Opera in New York ist tatsächlich Grünkohl gepflanzt. Vielleicht soll das Trendgemüse ein paar jüngere Menschen anlocken, falls die Starbesetzung mit der Schauspielerin Sandra Oh dafür nicht ausreicht. Noch bis zum 12. November gibt sie dort in Donizettis ihr Operndebüt. Es sind insgesamt sieben Vorstellungen, und die sehr grundsätzliche Frage direkt vorab: Wie soll das gehen, so ganz ohne Ausbildung? Das französische Libretto sollte für die in Ottawa geborene Schauspielerin hoffentlich kein Problem sein, aber was ist mit dem Gesang? Das muss man schon können. Bei der Aufführung geht es aber nach 85 Minuten erstmal in die Pause, bevor auch nur eine Haarspitze von Oh in der Rolle der Herzogin von Krakenthorp gesehen wurde. Ob sie überhaupt schon da ist? Auch beim Fernsehen muss bekanntlich viel gewartet werden, aber wer weiß, ob man das nach zwei Golden Globes noch so mitmacht.
Im ersten Akt hat sich jedenfalls Marie (Erin Morley), das von französischen Soldaten aufgezogene Waisenkind, in den Tiroler Bauern Tonio (Lawrence Brownlee) verliebt. Jedoch gibt es gegen eine solche Liebesbeziehung traditionell Einwände, und Marie soll mit dem Sohn der Herzogin von Krakenthorp verheiratet werden. Nachdem man sich in der Pause unter diesem wahnsinnigen Kronleuchter im Foyer der Metropolitan Opera versichert hat, dass sie es ganz großartig machen wird, betritt Sandra Oh zu Beginn des zweiten Akts unter Applaus die Bühne. Sie trägt ein lila Spitzenkleid mit übertrieben gepolstertem Hintern und einen Federhut über der lila gesträhnten Perücke. Die Rolle der Herzogin ist traditionell ein kurzer gesprochener, komödiantischer Auftritt, sodass sich Oh auf ihr schauspielerisches Talent verlassen kann. Sie singen zu lassen hätte aber durchaus in diese Oper und ihre zur Albernheit neigenden Komik gepasst. Dafür gibt es pantomimische Darstellungen sowie eine kleine Frotzelei mit dem Orchester und dem Dirigenten (Giacomo Sagripanti). Da die Übersetzung auf kleinen Bildschirmen in den Rückenlehnen der Vordersitze läuft, wird mitunter gelacht, noch bevor der Witz auf der Bühne ausgesprochen ist. Die größten Lacher produziert Oh aber durch exzessiv betonte englische Wörter „Bentley“ oder Sätze wie „Liebes, sei bitte nicht so geizig mit dem Schnitzel“.
Es ist keine tragende Rolle, sondern eher ein sehr begrüßenswertes „Extra“, wie man Statisten hierzulande nennt. Zumal alle anderen Darsteller eine hervorragende Show liefern. Sandra Oh kommt nur noch ein weiteres Mal und mit neuem Hut auf die Bühne, um sie kurz darauf, als das Vermählungsvorhaben scheitert, schreiend wieder zu verlassen. Aber das amerikanische Publikum – es sind auch viele jüngere Menschen unter den Gästen – ist herrlich begeisterungsfähig und freut sich aufrichtig über diesen besonderen Abend.
