„Ich wäre sehr erstaunt, wenn nur Herr Benko den Preis für den Untergang zahlen müsste“

Das Luxusleben jenes Mannes, der die größte Pleite in der österreichischen Nachkriegsgeschichte zu verantworten hat, ist zumindest vorerst zu einem Ende gekommen: Der österreichische Immobilienunternehmer René Benko, Gründer des Immobilienunternehmens Signa Holding, ist am Donnerstag in seiner Villa im Tiroler Innsbruck festgenommen worden. Das bestätigte die zuständige Staatsanwaltschaft in Österreich.

Erfolgt ist die Festnahme auf Anordnung der österreichischen Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKSTA), die Benko mehrere Delikte vorwirft, unter anderem soll er an der Insolvenzmasse vorbeigewirtschaftet haben. Wegen Tatbegehungs- und Verdunkelungsgefahr hat die Staatsanwaltschaft U-Haft beantragt. Am Freitag soll der zuständige Haftrichter darüber entscheiden.

Folgen dürfte die Festnahme nicht nur für Benko selbst haben. Leonhard Dobusch, Wirtschaftswissenschaftler an der Universität Innsbruck, der sich seit Jahren mit dem intransparenten Geflecht der Signa-Gruppe auseinandersetzt, sieht die Festnahme von Benko nur als Spitze des Eisbergs. „Ich wäre sehr erstaunt, wenn nur Herr Benko den Preis für den Untergang der Signa zahlen müsste. Auch die operativen Geschäftsführer könnten strafrechtliche Folgen zu spüren bekommen“, sagt Dobusch.

Zwingend seien diese Folgen laut Dobusch aufgrund des Konstrukts der Signa Holding. „Herr Benko hatte keine geschäftsführende Funktion bei der Signa Holding inne. Die Festnahme lässt darauf schließen, dass die Staatsanwaltschaft ihn aber als faktischen Geschäftsführer betrachtet. Um seine Anweisungen umzusetzen, muss es aber Leute innerhalb der Signa gegeben haben, die diese ausgeführt und damit möglicherweise ebenfalls gegen Gesetze verstoßen haben“, so Dobusch.

Ob das der Fall ist und weiteren Verantwortlichen der Signa Holding möglicherweise Festnahmen drohen, wollte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKSTA) auf Nachfrage von WELT nicht beantworten. In Italien ist es bereits im Dezember zu mehreren Festnahmen von Politikern und Unternehmern wegen Korruptions- und Betrugsvorwürfen gekommen, die in Zusammenhang mit Signa-Projekten stehen. Auch gegen Benko hatte die Staatsanwaltschaft im italienischen Trient damals einen europäischen Haftbefehl erlassen. Österreich hat den Haftbefehl gegen Benko damals nicht vollstreckt, sondern ein eigenes Verfahren angestrengt.

Die österreichische Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKSTA) wirft Benko in Zusammenhang mit der Festnahme vor, faktischer Machthaber und wirtschaftlich Berechtigter der sogenannten Laura Privatstiftung zu sein und dies im Rahmen seiner persönlichen Insolvenz verheimlicht zu haben. „Damit habe er Vermögenswerte verschleiert und das in der Stiftung vorhandene Vermögen weiterhin dem Zugriff von Behörden, Masseverwaltern und Gläubigern entzogen“, teilte die Staatsanwaltschaft mit.

Untreueverdacht gegen weitere Personen

Zudem wirft die WKSTA Benko vor, Gesellschafter der Signa Holding zu weiteren Investments im Rahmen einer Kapitalerhöhung in die Gesellschaft verleitet zu haben. „Dabei soll er die Investments der getäuschten Gesellschafter zum Teil durch Überweisungen über mehrere Unternehmen hinweg schlussendlich als seinen eigenen Beitrag zur Kapitalerhöhung ausgegeben haben“, so die Behörde.

Weiter ermittelt die WKSTA wegen des Verdachts der Untreue in Zusammenhang mit dem Verkauf einer Villa neben Benko auch gegen weitere Personen. Laut den Ermittlern soll die Signa Holding eine luxemburgische Beteiligungsgesellschaft samt einer dazugehörigen Gardasee-Villa ohne ausreichenden Gegenwert an die liechtensteinische INGBE Stiftung verkauft haben.

Auch in Deutschland laufen Ermittlungen gegen Benko. So gab die WKSTA bekannt, dass diese ein „Joint-Investigation-Team“ mit den Staatsanwaltschaften in Berlin und München gebildet habe. Dadurch sollen die grenzüberschreitenden Ermittlungen beschleunigt werden.

Für Gläubiger der Signa hat die Festnahme Benkos laut österreichischer Creditreform „keine direkten Auswirkungen“. Zwar würden die strafrechtlichen Vorwürfe gegen Benko eine zusätzliche Haftung im Zivilrecht zur Folge haben. Praktische Folgen hätte das aber kaum.

Andreas Macho ist WELT-Wirtschaftsreporter in Berlin mit den Schwerpunkten Gesundheit und Bauwirtschaft.