Kaum im Amt, wirbelt US-Donald Trump (78) die Weltpolitik durcheinander. Und Deutschland? Sind wir vorbereitet, haben wir eine Strategie?
Außenministerin Annalena Baerbock (44, Grüne) traf BILD-Vize Paul Ronzheimer zum großen Interview.
Gibt es etwas, das Donald Trump aus Baerbocks Sicht gut mache? „Er ist wieder Präsident geworden“, so die Ministerin verhalten. „Er hat es geschafft, die Breite der Gesellschaft anzusprechen.“
Gefällt ihr eines der Turbo-Dekrete? „Es ist überhaupt nicht meine Aufgabe, von außen zu beurteilen, was andere Länder selbst für sich machen.“ Wichtig werde es, wenn es um unsere Interessen gehe: So seien Zölle „maximal essenziell“ für Deutschland. „Darauf haben wir uns vorbereitet.“
Von Empörung über Trump rät sie ab. Man solle nicht nur schauen, „wie er etwas sagt, sondern warum“.
Das Anti-Trump-Papier des deutschen Botschafters, das BILD enthüllt hatte, will sie nicht kommentieren. Dies sei „nicht für die Öffentlichkeit geschrieben“ worden. „Ehrlich gesagt möchte ich nicht wissen, was die Botschaft der USA in den letzten Monaten so über die Ampel-Koalition geschrieben hat“, so Baerbock schmunzelnd.
Brisant: Sie selbst hatte offenbar noch keinen Kontakt zur neuen Trump-Regierung, obwohl wichtige Akteure seit Monaten bekannt sind. „Meine Beamten sind entweder schon dort oder reisen gerade dorthin.“ Die Bundesregierung habe sich lange vor der US-Wahl „intensiv auf die unterschiedlichen Situationen vorbereitet“.
„Ich habe mal in Florida gelebt, das darf man nicht unterschätzen“
Die Handynummer ihres frisch bestätigten US-Amtskollegen Marco Rubio (Ex-Senator von Florida) habe sie noch nicht. „Da sind die Amerikaner sehr zurückhaltend.“ Die Handynummer von Ex-US-Außenminister Antony Blinken (62) „gab es nicht an Tag drei und auch nicht an Monat drei“.
Baerbock setzt auf ihre Vita, um bei Rubio zu punkten: „Ich habe mal in Florida gelebt, das darf man nicht unterschätzen (…) Als ich 16, 17 war, war ich ein Highschool-Jahr in Orlando.“
Politisch sieht sie „sehr große Schnittmengen“ bei der Ukraine-Politik. Rubio wolle, wie auch sie, „Frieden schaffen durch Stärke“.
Mit Trump und – vor allem – dessen Milliardärs-Berater Elon Musk (53) geht sie hart ins Gericht. Ob Musks viel diskutierte Handgeste ein Hitergruß war? „Ich weiß nicht, ob das Zufall war, Ungeschick oder Absicht.“
Baerbock zieht Vergleich mit AfD
Aber: Das Gespräch des Unternehmers (u.a. X, Tesla, SpaceX) mit AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel (45) „zeigt offensichtlich, wo er politisch selber steht“. Und zwar an der Seite einer Partei, die „die Hälfte der Staatsbürger ausweisen möchte“, was „nicht mit unserem Grundgesetz vereinbar“ sei.
Die Ängste, die Trump Kritikern zufolge bei sexuellen Minderheiten und Migranten auslöse, vergleicht sie mit der AfD-Angst in Deutschland. „Bei vielen Menschen haben wir diese Sorgen in Deutschland gehört, als sie plötzlich jetzt in ihren Briefkästen solche Tickets hatten“, so Baerbock. Gemeint sind die „Abschiebetickets“ – eine Wahlkampf-Methode der Rechtsaußenpartei.
Dass Trump Russlands Krieg gegen die Ukraine beenden kann, glaubt Baerbock noch nicht. Alle, „die so naiv gehofft haben, da muss nun ein neuer US–Präsident kommen und dann hört das schon auf“, seien enttäuscht worden. Trumps Ankündigung, binnen 24 Stunden den Krieg zu stoppen, sei gescheitert.
Zwar könne es nach der Amtsübernahme Trumps sein, „dass eine neue Situation auch bei Putin noch mal wieder Neues auflöst“, doch der russische Diktator sei kein Staatschef wie jeder andere. Er opfere „jeden Monat 20.000 junge russische Männer für diesen Krieg“.
„Wissen nicht, wo russische Truppen Halt machen“
Die Ukraine-Unterstützung bleibt für Baerbock weiterhin Priorität: „Wenn die russischen Truppen immer weiter vormarschieren, dann wissen wir nicht, wo sie dann Halt machen. Danach kommt Polen nicht (…) und dann kommt Brandenburg beziehungsweise Deutschland.“
Europa müsse sich „Elemente einer Friedenssicherung“ überlegen, damit „Putin sich nicht in fünf Jahren oder in zwei Jahren oder wann auch immer traut, noch mal Europas Frieden so anzugreifen“.
Auch mit eigenen Truppen? Baerbock: „Und da gehört Friedenssicherung mit Missionen aus meiner Sicht dazu.“