Hier gibt es nichts zu sehen

Einmal im neuen Film schleift Pamela Anderson einen Stuhl durch die Dienststelle der Police Squad von Los Angeles. Sie bleibt damit an Schreibtischen und Schienbeinen hängen, ständig eckt sie irgendwo an, und auch das Geklapper und Gequietsche, das die Stuhlbeine auf dem Fußboden verursachen, ist wirklich nervig. Während das halbe Polizeirevier stöhnt, staunt oder in Deckung springt, lässt sich Anderson jedoch gar nichts anmerken. Kein Augenzwinkern, kein Schuldbewusstsein: Völlig ungerührt geht sie weiter und zur Tür hinaus. wäre schließlich nicht mehr lustig, wenn das Filmpersonal wüsste, wie dämlich es eigentlich ist.

Schon in den Achtzigerjahren gehörte das fehlende Bewusstsein für die eigene Unfähigkeit zu den wichtigsten Eigenschaften, die die Drehbuchautoren Jerry Zucker, Jim Abrahams und David Zucker ihren Figuren auferlegten. Die Fernsehserie (1982) und die drei Filme, die zwischen 1988 und 1994 folgten, schienen in heillosem Chaos zu versinken, folgten aber doch einem ausgeklügelten Regelwerk. Auch der Verzicht auf gestandene Comedyschauspieler war darin festgeschrieben: Dramastars wie Leslie Nielsen und Branchenneulinge wie O. J. Simpson verliehen dem Vorschülerhumor der Autoren eine zuvor ungekannte Gravitas.

Ballsäle, Baseballstadien und ganze Straßenzüge verwüstete Nielsen in der Rolle des Lieutenants Frank Drebin mit seiner Breitbeinigkeit oder in seinem breitärschigen Polizistenauto, und doch entkam er würdevoll aus jeder Szene. Seine grauen Anzüge blieben unbefleckt, sein weißes Haar lag immer perfekt – obwohl einen vor allem körperlich robusten Humor kultivierte, der Bananenstücke zu Marschflugkörpern und Marschkapellen zu Tötungskommandos machte. Der Appeal für Teenager der späten Achtziger und deren kleine Geschwister war offensichtlich. Die anhaltende Aushaltbarkeit der Filme ist jedoch erstaunlich. Noch heute bleibt man bei der hängen, wenn sie zum hunderttausendsten Mal auf ProSieben läuft, selbst in den deutschen Synchronfassungen, die noch einmal anarchischer sind als die eigentlichen Filme.

Eine Neuauflage im Jahr 2025 war deshalb so unnötig wie unvermeidlich. Liam Neeson spielt darin Frank Drebin Jr., den Sohn also von Leslie Nielsens einstigem Frank Drebin, was zeitleistentechnisch nur dann hinkommt, wenn Drebin Sr. in den ursprünglichen -Filmen ein niemals erwähntes uneheliches Kind hatte, aber außerhalb von -Galaxien und Marvel-Multiversen vielleicht auch gar nicht so wichtig ist. Aufklären soll Drebin Jr. jedenfalls einen Banküberfall, einen Autounfall und einen Mord – drei Fälle, die sich in weltverschwörerischer und potenziell zerstörerischer Brisanz miteinander verbinden.

Der Schurke steckt im Unterleibstoaster

Ludwig, Pahpshmir und Hapsburg hießen die Schurken in den ersten -Filmen. Unterweltler und Ölunternehmer waren sie, Vaterlandsverräter und Witzfiguren, Männer ihrer Zeit und zugleich Gangster für die Ewigkeit, die am Ende des Kalten Krieges wie völlig plausible Amerikafeinde erschienen. Im -Neustart des Regisseurs Akiva Schaffer tritt der Techmilliardär Richard Cane (Danny Huston) an ihre Stelle. Selbstfahrende Autos baut dieser Schurke, Reichenbunker in Felslandschaften und eine Art Unterleibstoaster, der durch Hitzeeinwirkung die Beweglichkeit seiner Spermien erhöhen soll. Auch Cane, kann man wohl sagen, ist ein Mann seiner Zeit: so leer und enttäuschend wie das Leben in den 2020er-Jahren.

könnte diesen Antagonisten verkraften, wenn er das einzige Zugeständnis an die Gegenwart bliebe. Der Film scheint jedoch für Kinosäle voller Zweit- und Drittscreens geschrieben worden zu sein, adressiert an ein Publikum, das der Regisseur Schaffer und seine Co-Autoren entweder für unaufmerksam oder begriffsstutzig halten. Mit gemächlichem Tempo und übererklärten Punchlines brechen sie die vielleicht wichtigste Regel der alten -Komödien. Mehrere Gags pro Szene sollten diese enthalten, Slapstick und Wortwitz zugleich sein, den Vordergrund der Bilder ebenso bespielen wie den Hintergrund. Ging mal eine Pointe daneben, war sie schnell wieder vergessen – oder erwies sich Sekunden später als Vorlage für eine viel bessere Pointe.

Nur mit einer Verhörszene, die sich als Undercover-Einsatz innerhalb zweier anderer Undercover-Einsätze entpuppt, kann an solch kunstvoll verrenkte Comedy anknüpfen. Kurzzeitig findet Liam Neeson in dieser Sequenz sogar eine eigene Stimme für Frank Drebin Jr., die wütender klingt als das Original und Abgründe andeutet, die den Film natürlich gar nicht interessieren. Wenig später schon ist Drebin Jr. wieder ganz der Alte: ein Botschafter behördlicher Inkompetenz und Willkür, ein Typ aus den Achtzigern, wie sie heute auf jedem Entscheiderposten in den USA zu sitzen scheinen. Das macht es schwieriger, aber nicht unmöglich, über ihn zu lachen: Immerhin einen bitteren Witz über Polizeigewalt kann ihrer Hauptfigur unterjubeln.

Mehr fällt dem Film allerdings auch für seine Hauptdarstellerin nicht ein. Pamela Anderson spielt eine Autorin, die sich auf fiktionale True-Crime-Romane spezialisiert hat und nach dem vermeintlichen Unfalltod ihres Bruders für richtige Polizeiarbeit und Polizisten begeistert. Nicht nur einen Stuhl schleift sie aber in der oben erwähnten Szene aus dem Revier der Police Squad heraus, sondern auch ihre eigene Filmfigur aus weiten Teilen der weiteren Handlung. Sollte sie darüber verärgert sein, lässt sich Anderson das nicht anmerken. Von allen Darstellerinnen und Darstellern in der neuen kriegt sie die Sache mit der völligen Ungerührtheit nämlich am besten hin.

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Es wird hier gleich um Schönheit gehen, um Körperbilder und Optimierungsdruck, es…