Kann dieser Ärzte-Plan überhaupt aufgehen?
► Union und SPD planen in ihrem Koalitionsvertrag die Hausarzt-Pflicht für gesetzlich Versicherte. Konkret: ein verbindliches „Primärarztsystem“. Bedeutet: Bevor ein Patient einen Termin beim Facharzt (z.B. Orthopäden) vereinbart, muss er zu „seinem“ Hausarzt, um sich bei Bedarf einen Termin vermitteln zu lassen – ausgenommen sind Gynäkologen und Augenärzte. Auch über den Terminservice 116 117 sollen telefonisch Facharzttermine vermittelt werden. Patienten sollen frei entscheiden können, zu welchem Hausarzt sie gehen.
Jetzt gibt es Kritik an den Regierungsplänen.
Zu BILD sagt Kassenärzte-Chef Andreas Gassen: „Es ist schon sehr vollmundig, ein Primärarztmodell zu überlegen und gleichzeitig die freie Arztwahl gewährleisten zu wollen. Ein klassisches Primärarztmodell sieht ja vor, dass Patienten den Praxen zugeteilt werden – zum Beispiel über die Postleitzahl oder eine verbindliche Einschreibung in einer Praxis stattfindet. Das sieht der Koalitionsvertrag klugerweise so konkret nicht vor.“
Gassens Befürchtung: „Es drohen völlig überlaufene, beliebte Praxen und gleichzeitig leere, weniger beliebte Praxen.“ Denn: Rund 5000 Hausarzt-Sitze sind in Deutschland ohnehin unbesetzt, die Hausarzt-Pflicht könnte jetzt für völlig überfüllte Wartezimmer sorgen.
Mit dem vorgesehenen Konzept droht ohnehin Ärger in den Praxen. Gassen: „Was sollen Facharztpraxen mit Patienten tun, die auf eigene Faust in die Praxis kommen? Sie trotzdem behandeln, müssen die Praxen Patienten abweisen? Hier brauchen wir klare Regeln.“
Die Hausärzte sind prinzipiell für das Primärarztsystem. „Ein Primärarztsystem ist die einzige Chance, um endlich mehr Struktur und damit Entlastung zu bringen“, sagt Hausärzte-Verbandschefin Nicola Buhlinger-Göpfarth zu BILD. Sie betont jedoch, dass das Primärzarztmodell „gut umgesetzt“ werden müsse, um für Entlastung zu sorgen.