Es ist ein stiller, aber dafür umso heftigerer Machtkampf.

Die Protagonisten: Robert Habeck (54), Vizekanzler und Möchtegern-Kanzlerkandidat bei der nächsten Bundestagswahl, und Annalena Baerbock (43), Außenministerin und gerupfte Kanzlerkandidatin (14,7 Prozent) bei der vergangenen Bundestagswahl.

Habeck warf Baerbock im „Politico“-Podcast vor, den Elfmeter ins Kanzleramt verschossen zu haben. Nun stehe er bereit, die Positionen der Grünen „zu korrigieren“. Heißt: Ich bestimme, wo’s langgeht – ihr folgt.

Beim aktuell wichtigsten Thema Migrationskrise zieht er durch. Es war Habeck, der Wirtschaftsminister, der allein für die Grünen das Asylpaket der Ampel mit FDP und SPD verhandelte. Eigentlich fallen Asyl und Abschiebungen in den Baerbock-Fachbereich und haben mit Habecks Gebiet Wirtschaft und Klima eher wenig zu tun. Aber Habeck drängte Baerbock raus.

Hohes Risiko für Habeck

Wenn am Dienstag der große Asyl-Gipfel von Bundesregierung, Union und Ländern tagt, fehlt Baerbock, nicht mal ein Vertreter des Auswärtigen Amts sitzt mit am Tisch.

Kanzler Olaf Scholz (66, SPD) schickt seine Innenministerin Nancy Faeser (54, SPD) und Arbeitsminister Hubertus Heil (51, SPD), Finanzminister Christian Lindner (45, FDP) seinen Justizminister Marco Buschmann (47, FDP). Habeck setzt lieber auf sich selbst. Der Letzte, der bei den Grünen so viel Macht beanspruchte, war Joschka Fischer (76).

Doch Habeck geht ein hohes Risiko ein. Von Baerbock selbst kommt öffentlich kein böses Wort. Im Gegenteil, sie betont regelmäßig, wie „eng“ der Robert und sie zusammenarbeiten. Was man so sagt, wenn es in Wahrheit schwierig ist. Ein Grünen-Insider: „Zwischen den beiden herrscht Funkstille. Die sind durch miteinander.“

Ob die Grünen die Entmachtung Baerbocks mitmachen, bleibt abzuwarten. Ihre enge Vertraute, Fraktionschefin Britta Haßelmann (62), kritisierte umgehend das von Habeck ausgehandelte Asyl-Maßnahmenpaket. Sie bezweifelte, ob eine Kürzung von Sozialleistungen für bestimmte Flüchtlinge überhaupt rechtlich möglich sei. Und löste mit ihrem Widerstand gegen den Robert-Kurs in parteiinternen Chatgruppen heftige Diskussionen aus.