Habeck spielt seinen Autogipfel herunter – und teilt gegen den Koalitionspartner aus

Am Ende gibt sich Robert Habeck sichtlich Mühe, die Videokonferenz herunterzuspielen, die eigentlich ein Autogipfel werden sollte. Es habe sich um eine „quasi alltägliche Konferenz“ gehandelt, er sei schließlich im „dauernden Kontakt mit den Damen und Herren der Wirtschaft“, die Gespräche seien „nicht holterdiepolter plötzlich da“ gewesen, sagt der grüne Wirtschaftsminister.

Und doch waren die Erwartungen groß, an diese angeblich so alltägliche Konferenz des Ministers mit den Vertretern der Autoindustrie und Gewerkschaften. Schon im Vorfeld hatte die SPD eine neue Abwrackprämie gefordert, um die kriselnde deutsche Schlüsselbranche zu unterstützen. Aus München rief CSU-Chef Markus Söder nach „Autopatriotismus“ und einer E-Autoprämie, die vor allem deutschen Herstellern zugutekommen sollte.

Doch am Ende kam nichts von all dem heraus und auch deshalb bemüht sich Habeck, das Treffen herunterzuspielen. Der Wirtschaftsminister betont, dass es sich schon jetzt wirtschaftlich lohne, ein Elektroauto zu kaufen. Die über Nacht von der Ampel-Regierung gestrichene Kaufprämie sei von den meisten Herstellern durch Rabatte ersetzt worden und im Betrieb seien die Stromer ohnehin billiger.

Wie zum Beweis holt Habeck eine Tafel mit einem Preisvergleich hervor, der auch an vielen Tankstellen hängt. „Keine Pressekonferenz ohne Karte“, sagt er. Pro hundert Kilometer spare man schon jetzt fünf Euro mit einem E-Auto im Vergleich zu einem Fahrzeug mit Benzinmotor.

Neu ist all das nicht und dürfte daher auch den Absatz der Elektroautos nicht in Schwung bringen. Doch es ging laut Habeck auch noch um vier andere Themen bei der Konferenz. Vor allem ein Punkt der Tagesordnung birgt Sprengstoff – auch für seine eigene grüne Partei.

Denn die Autoindustrie wünscht sich, dass die Überprüfung der CO₂-Flottenziele auf europäischer Ebene vorgezogen wird. Den Autobauern drohen Milliardenstrafen, wenn sie die Grenzwerte für den CO₂-Ausstoß nicht einhalten. Eigentlich soll die sogenannte Revision der Ziele 2026 stattfinden, die Industrie fordert, sie ein Jahr vorzuziehen.

Dann teilt Habeck gegen Wissing aus

Er wolle sich dem Wunsch „gern anschließen“, sagt Habeck. Doch dann nutzt er die Gelegenheit, um gegen seinen Kabinettskollegen Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) auszuteilen. Denn auch wenn er eine frühere Überprüfung der Ziele unterstütze, heiße das nicht, dass man dafür auf europäischer Ebene auch eine Mehrheit finden wird.

„Wir haben uns keine Freunde gemacht mit unserem Vorgehen bei den E-Fuels“, sagt Habeck. Wissing hatte kurz vor der Abstimmung, das deutsche Votum geändert, um eine E-Fuels-freundlichere Position durchzusetzen. Deutschland habe sich „in der Verkehrspolitik nicht mit Ruhm bekleckert“, sagt der Wirtschaftsminister. „Die europäischen Nachbarländer warten nicht gespannt darauf, was Deutschland sich noch ausdenken könnte.“

Doch auch wenn es eine Mehrheit für eine frühere Überprüfung der CO₂-Grenzwerte gäbe, macht Habeck klar, dass für ihn damit keineswegs auch schon klar ist, dass die Ziele gelockert werden müssen. „Ich habe nicht gesagt, dass ich dafür bin, die Ziele automatisch zu schleifen“, sagt der Klimaschutzminister.

Es gebe durchaus auch Stimmen, dass die Ziele erreichbar seien. Zwar gebe es strukturelle Veränderungen, die man bei der Berechnung der Vorgaben berücksichtigen könne. So sei nicht absehbar, dass sich die chinesische Wirtschaftsschwäche kurzfristig auflösen werde.

Das wiederum verursache einen Großteil der Absatzprobleme der deutschen Autobauer. Außerdem gebe es nun deutlich mehr chinesische Konkurrenten, die mit ihren Autos auch auf andere Märkte drängen.

Am grundsätzlichen Ziel halte er aber fest, dass der Verkehr spätestens 2050 CO₂-frei sein müsse. Da Autos in der Regel eine durchschnittliche Lebensdauer von 15 Jahren hätten, dürfe nach 2035 kein Verbrenner mehr verkauft werden, der CO₂ verursacht. „Wenn man 2035 infrage stellt, stellt man 2050 infrage, das will ich nicht“, stellt Habeck klar. Verhandlungsspielraum gibt es daher wohl nur bei den Zwischenzielen bis 2035.

„Unser Wohlstand wäre sofort zu Ende“

Auch die Frage von Zöllen für chinesische Hersteller, um den europäischen Markt vor Dumping-Konkurrenz aus der Volksrepublik zu schützen, sei extrem schwierig. Zwar sei es glaubwürdig, dass China versuche, mit staatlich geförderten Billig-E-Autos andere Märkte aggressiv zu erobern. Doch auch Deutschland sei als Exportland darauf angewiesen, deutlich mehr Autos herzustellen als man im eigenen Markt verkaufen könne.

„Wir können nicht nur Produkte für Deutschland produzieren, unser Wohlstand wäre sofort zu Ende“, sagt Habeck. Er arbeite daher darauf hin, „dass wir eine politische Lösung finden, die uns nicht in einen Zollkrieg mit China treibt“.

Erst als letzten Punkt kommt Habeck dann noch auf mögliche neue Kauf- oder Abwrackprämien zu sprechen. Wichtig sei, dass sie – sollten sie überhaupt eingeführt werden – immer rückwirkend gelten müssten, damit die Debatte um weitere Subventionen nicht zu noch mehr Kaufzurückhaltung bei den potenziellen Kunden führe.

In die Karten schauen lassen will sich Habeck nicht, man könne solche Fördermaßnahmen „nur hinter den Kulissen bereden“. Die Vertreter der Autoindustrie hätten aber klargemacht, dass langfristige Planbarkeit das Wichtigste sei, mit kurzen „Strohfeuern“ sei der Branche nicht geholfen.

Im Gegensatz: Man fürchte dann den „Soufflé-Effekt“, sagt Habeck: eine kurzfristig aufgeblasene Nachfrage, die dann wieder in sich zusammenfällt. Die Vertreter der Branche hätten signalisiert: „Lieber keine Maßnahmen als Schnellschüsse“.

Die Frage zusätzlicher Subventionen will Habeck nun in einer nächsten Runde mit den Regierungsfraktionen besprechen. Sie hatten an dem Autogipfel des Wirtschaftsministers nämlich gar nicht teilgenommen. Frühere Spitzentreffen hatten hingegen regelmäßig im Kanzleramt mit allen Regierungsparteien stattgefunden.

Aus der Industrie war danach verhaltenes Lob für Habecks Initiative zu hören. Von einem „konstruktiven Austausch“ sprachen Beteiligte. Nun erwarte man, dass im Ministerium mögliche Maßnahmen strukturiert werden, sowohl mit kurz- also auch mittelfristiger Wirkung. Ein nächster Gipfel werde folgen.

Für wie wahrscheinlich Habeck zusätzliche Subventionen hält, will er nicht beantworten. „Sie kennen die Situation des Bundeshaushalts“, sagt er. Es klingt nicht, als gäbe es bald eine neue Abwrackprämie.

Philipp Vetter ist Wirtschaftskorrespondent in Berlin. Er berichtet über das Bundeswirtschaftsministerium, Wirtschaftspolitik, Energiepolitik, Verkehrspolitik, Mobilität und die Deutsche Bahn. Seinen exklusiven WELTplus-Newsletter können Sie hier abonnieren. Er ist seit 2021 Co-Host des WELT-Podcasts „Alles auf Aktien“.

Daniel Zwick ist Wirtschaftsredakteur und berichtet für WELT über alle Themen aus der Autoindustrie.