Nebelkerzen, Hintertürchen, Showeffekte: In der Migrationsfrage setzte die Ampel bisher auf das Motto „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“.
Jetzt aber führten Rot und Grün bei Maybrit Illner (59) eine neue Taktik mit klarer Rollenverteilung vor. Thema: der geplatzte Ampel-Union-Gipfel vom Dienstag.
Als Friedensengel mit Mahnfunktion trat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (54, SPD) auf, mit einer Versöhnungs-Offensive: „Mit Schuldzuweisungen sollten wir uns alle zurückhalten!“
Gleich danach jedoch eine erste Attacke. Faeser: „Ich habe mal Verhandeln als Anwältin gelernt. Ich finde es schön, wenn man am Tisch bleibt und diskutiert. Deswegen bedauere ich es sehr, dass die CDU am Dienstag aufgestanden ist!“
Anschließend ein Lob für das Verhandlungsteam der Union. Faeser: „Das war ja eine gute Runde von Leuten, die auch in dem Thema tief drinstecken.“
Parteichefin Ricarda Lang (30, Grüne) dagegen kam als Racheengel: „Das Angebot der Union (Zurückweisungen an der Grenze auf Probe, d.Red.) ist eine Schimäre! Man macht einen Vorschlag, der nichts anderes heißt als einfach nur drei Monate Rechtsbruch!“
Langs massive Attacke auf Merz: „Er bekommt kalte Füße, weil er gemerkt hat, dass dieses Schmierentheater am Dienstag sich gegen ihn gedreht hat!“
Ihr durchtriebenster Dreh: „Ich finde, dass die Union sich in dem Versuch, sich von Angela Merkel zu distanzieren, jetzt auch bereit ist, das Erbe von Konrad Adenauer und Helmut Kohl über Bord zu werfen!“
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann (47) ortete im Gegenzug klaffende Risse in der Ampel bei ihren Reaktionen auf die Idee der Zurückweisungen probehalber: „Ich bin der Überzeugung, dass Frau Faeser bereit ist, das zu machen. Ich bin der festen Überzeugung, dass die FDP bereit ist. Und wir sind auch bereit!“
Seine Antwort an die Regierung war auch nicht ohne: „Sie können gerne die Ampel weitermachen. Dann werden wir drei Parteien das so verabschieden, und dann gibt es eine grundlegende Änderung. Das machen wir für drei Monate, und dann ziehen wir Bilanz.“
„Wow!“, entfuhr es der Talkmasterin. „Sie wollen also mit der FDP …“ Linnemann unschuldig: „Ich habe das jetzt mal spontan gesagt, weil es geht mir um die Sache. Ich will dieses Thema grundlegend lösen.“
„Hören Sie auf, spontane Sachen zu sagen!“, ermahnte ihn die Grüne-Chefin sichtlich erbost, „dann müssten Sie nicht immer alles zurücknehmen! Sie brechen die Gespräche ab, und am nächsten Tag sagen Sie, Sie haben es nicht so gemeint!“
Linnemann demonstrativ friedfertig: „Lassen Sie uns diese Gesprächsatmosphäre, die konstruktiv und gut ist, bitte so belassen!“
Auch Faeser wollte noch einmal punkten: „Wir sitzen vertraulich hinter verschlossenen Türen, und da gibt es keine solchen Vorschläge“, kritisierte sie. „Jetzt sitze ich mit Ihnen im Fernsehen, und da machen Sie mir solche Vorschläge! Wenn es Ihnen um die Sache ginge, wären Sie bei den Gesprächen dringeblieben.“
Zum Schluss ließ Faeser die Friedenspfeife qualmen, bis die Augen tränten: „Diese Dinge könnten wir doch besprechen“, lächelte sie Linnemann an. „Deswegen frage ich mich, warum Sie die Verhandlungen verlassen haben. Kommen Sie einfach wieder zurück an den Tisch, und dann reden wir in Ruhe …“