Anne Brorhilker ermittelte jahrelang zu den schmutzigen Cum-Ex-Geschäften von Banken, die den Staat mindestens 35 Milliarden Euro kosteten. Jetzt rechnet die ehemalige Oberstaatsanwältin mit den Strafverfolgungsbehörden ab.

„Wir lassen es in Deutschland zu, dass internationale Investmentbanken uns ausrauben“, sagte Brorhilker. Und weiter: „Die Täter müssen die Deals vielleicht etwas anders abwickeln, möglich sind sie aber definitiv immer noch.“

„Die Banken wissen: Keiner kann es uns beweisen“

Cum Ex-Deals gelten als größter Steuerraub der Geschichte. Durch ein aufwendiges Konstrukt aus Aktiengeschäften bekamen Banken jahrelang von den Finanzämtern Steuern zurückerstattet, die diese zuvor gar nicht gezahlt hatten. Es entstand ein Schaden im zweistelligen Milliardenbereich. Im Jahr 2021 hatte der Bundesgerichtshof geurteilt, dass Cum-Ex-Geschäfte rechtlich als Steuerhinterziehung zu werten sind.

Brorhilker stellt die Effizienz der Strafverfolgungsbehörden bei schwerer Wirtschaftskriminalität massiv infrage, sagt: „Die Banken wissen: Keiner kann es uns beweisen.“

Ein großes Problem sei, dass viele Banken ihre Daten im Ausland horteten, die Ermittlungen der Behörden aber an der deutschen Grenze endeten. Brorhilker fordert eine zentrale Behörde zur Bekämpfung schwerer Wirtschaftskriminalität.

Hintergrund: Im April 2024 legte Brorhilker nach über zehn Jahren ihr Amt bei der Staatsanwaltschaft Köln nieder. Mittlerweile ist sie Geschäftsführerin des Vereins „Bürgerbewegung Finanzwende“.

Bekannt wurde Brorhilker durch den Strafprozess gegen den früheren Inhaber der Hamburger Warburg-Bank, Christian Olearius (82). Das Verfahren wurde im Juni 2024 wegen des schlechten Gesundheitszustands des Angeklagten eingestellt. Die Schuldfrage bleibt somit ungeklärt.

Die Vorwürfe um Olearius betrafen auch Bundeskanzler Olaf Scholz, der zum relevanten Zeitpunkt Erster Bürgermeister der Stadt Hamburg war. Ihm wurde politische Einflussnahme zugunsten Olearius’ und dessen Warburg-Bank vorgeworfen.

Juristisch nachweisbar war dem erinnerungsflüchtigen Scholz bislang: nichts. (JUE)