Das EU-Beitrittsland Georgien driftet weiter in Richtung Russland und beschränkt erneut die Freiheit seiner Bürger. Erst ging die Regierung gegen eine angebliche „ausländische Einflussnahme“ vor und erschwerte die Arbeit von regierungskritischen Organisationen. Jetzt wurden die Rechte der LGBTQ-Community massiv eingeschränkt.

So dürfen homosexuelle Paare weder heiraten noch Kinder adoptieren. Zudem können nun LGBTQ-Demos verboten werden. Die Darstellung von Homosexualität in Büchern und Filmen wird zensiert. Die Regenbogenfahne, das weltweite Symbol der LGBTQ-Bewegung, darf verboten werden.

„Das ist nicht das Georgien, das ich lieben gelernt habe“

Beide Gesetze erinnern an entsprechende Verbote in Russland. Fast zeitgleich mit der Einschränkung der Rechte wurde die bekannte Transgender-Frau Kesaria Abramidze (37) in Tiflis von einem Freund (26) erstochen. Viele vermuten einen Zusammenhang mit der Verabschiedung des Gesetzes.

▶︎ SPD-Außenexperte Michael Roth (54) war zu dem Zeitpunkt in Georgien. Der Bundestagsabgeordnete zu BILD: „Das Anti-LGBTQ-Gesetz, dieser von der Regierung gesäte Hass gegen sexuelle Minderheiten, ist ein Bruch mit Georgiens stolzer Geschichte der Vielfalt und Offenheit. Das ist nicht das Georgien, das ich lieben gelernt habe.“

Für ihn ist klar: „Die Regierung verspielt alle Chancen auf einen EU-Beitritt. Sie ist in ihrer Schaukelpolitik zwischen Russland und der EU zu weit gegangen. Beitrittsverhandlungen sind auf dieser Grundlage nicht möglich. Fortschritte gibt es erst, wenn die umstrittenen Gesetze zurückgenommen, die Gewalt gegen Demonstranten gestoppt und der Dialog mit der Opposition wieder aufgenommen wird. Vorerst ist die Tür zur EU aber geschlossen.“

Roth: Aussichten für das Land sind „düster“

Zudem die georgische Regierung alle Brücken zum Westen abgebrochen habe. „Sie weigert sich, westliche Politiker zu empfangen. Europäische Werte wie Minderheitenschutz und Pressefreiheit werden gezielt bekämpft. Sollte die Regierung die nächste Wahl gewinnen, plant sie, die Opposition zu verbieten. Auf diesem Kurs ist sie kein Partner für die EU.“

Daher seien die Aussichten für das Land „düster“. Roths Befürchtung: „Der Westen wird sich von Georgien abwenden, während der Einfluss Russlands und Chinas weiter zunimmt. Viele junge Georgier werden das Land verlassen.“

Denn die Jugend denke ganz anders als ihre Regierung. Das habe der SPD-Politiker bei seinen Besuchen in der Hauptstadt Tiflis erlebt. „Hier spürt man: Europas Herz schlägt derzeit in Georgien.“