Der frühere SPD-Vorsitzende Matthias Platzeck hat seine Reisen nach Moskau während des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine gerechtfertigt. Vermutungen, dass es bei den Treffen auch um die
Gaswirtschaft oder die Reaktivierung der Nordstream-Pipeline gegangen sei, wies Platzeck im Gespräch mit dem zurück. „Zum Thema Gaswirtschaft und Nord Stream habe ich mit niemandem
geredet, weder in Russland, noch sonstwo.“ Details zu den Reisen und Gesprächspartnern auf russischer Seite nannte er nicht.
Es gehe ihm nicht
um wirtschaftliche Interessen, sagte Platzeck weiter. Er handle als Privatperson, „ohne irgendeinen Auftrag, ohne eine Funktion“. „Mich bewegen Fragestellungen und Probleme, die derzeit viele Menschen, nicht nur in unserem Land, umtreiben und beschäftigen: Wie kann dieser grausame Krieg enden, wie soll die Welt danach aussehen?“, sagte der ehemalige SPD-Vorsitzende, der von 2002 bis 2013 auch Ministerpräsident von Brandenburg war.
Platzeck verwies auf die Bedeutung einer „aktiven Diplomatie auf vielen Ebenen und in vielen Spielarten“ sowie „Fragen der Abrüstung und Rüstungskontrolle“. Er habe dazu selbst „mehr Fragen als Antworten, aber darüber eine Diskussion zu führen, ohne gleich mit Verdächtigungen und Unterstellungen oder gar dem Holzhammer zu arbeiten, würde unserer Gesellschaft und dem Zusammenhalt guttun“, sagte der SPD-Politiker.
Opposition kritisiert Moskau-Besuche
Platzeck war laut gemeinsamen Recherchen von mit dem und der russischen Oppositionsplattform seit Beginn des Krieges in der Ukraine mindestens neunmal zu Gesprächen in Moskau. Bei einigen der Flüge wurde Platzeck laut Flugdaten von dem früheren Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) sowie dem geschäftsführenden Vorstand des deutsch-russischen Forums, Martin Hoffmann, begleitet.
Kritik kam vor allem aus der Opposition. Katharina Dröge, Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, forderte eine
vollständige Aufklärung der „Moskau-Connection“ durch die SPD und die
Union. „Dass es immer wieder neue Berichte über Geheimtreffen von
Politikern der SPD, aber auch der Union mit russischen Vertretern gibt,
zeigt, wie tief die Verstrickungen beider Parteien mit Russland sind“,
sagte sie ebenfalls dem . Es sei erschreckend, dass auch nach
Kriegsbeginn „die dubiosen Gespräche nicht abreißen“.
Der Brandenburger CDU-Chef Jan Redmann warnte hinsichtlich Platzeck: „Sein Agieren schwächt die Position Deutschlands und Europas.“ Der SPD-Politiker trage damit nicht zum Frieden bei. „Nach jedem seiner Besuche hat Russland noch
mehr Menschen in der Ukraine getötet.“
SPD-Politiker ordnen Besuche unterschiedlich ein
Innerhalb der SPD zeigte sich erneut die Gespaltenheit im Umgang mit Russland. Der SPD-Außenpolitiker und ehemalige Bundestagsabgeordnete Michael Roth sagte, Platzeck müsse sich vorwerfen lassen, „selbstbezogen und verantwortungslos gegenüber seiner eigenen Partei zu agieren“. Durch Aktionen wie Platzecks geheimgehaltene Reisen werde insbesondere
in Mittelosteuropa mühsam erarbeitetes Vertrauen in die deutsche
Sozialdemokratie „immer wieder aufs Neue unterhöhlt“.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sagte hingegen, dass es grundsätzlich wichtig sei, „diplomatische Kanäle offenzuhalten“. Nur so bestehe die Chance auf
Deeskalation und eine friedliche Lösung. Dies sei „ebenso wichtig wie
die klare Unterstützung der Ukraine, die völkerrechtswidrig von Russland
angegriffen wurde“.