Im Zivilrechtsstreit zwischen dem Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) und seiner ehemaligen Intendantin Patricia Schlesinger ist die frühere Senderchefin zur Zahlung von Schadenersatzforderungen in noch unbekannter Höhe verurteilt worden. Das Berliner Landgericht gab einer entsprechenden Klage des RBB statt, nach der Schlesinger „wegen Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Nutzung von Dienstwagen und Reisekosten“ mindestens 24.000 Euro an den Sender zurückzahlen muss, wie aus einer Pressemitteilung des Gerichts hervorgeht.
Das Urteil des Berliner Landgerichts ist noch nicht rechtskräftig. Schlesinger kann Berufung vor dem Kammergericht einlegen. Derweil stehen noch weitere Forderungen des Senders im Raum. So stellt die Rundfunkanstalt Ansprüche auf rund 1,7 Millionen Euro Schaden, die infolge von unzulässigen Vergütungen sowie Zulagen aus Schlesingers Zeit als ARD-Vorsitzende entstanden seien. Diese bejahte das Gericht in der Sache. Jedoch bleibe die Höhe des Anspruchs – und somit der von Schlesinger zu leistenden Zahlungen – einer späteren Entscheidung vorbehalten.
Schlesinger erhält Ruhegeld für einen Monat
Jedoch hat auch die frühere Intendantin einen Teilerfolg erstritten. So entschied das Landgericht Berlin, dass ihr ehemaliger Arbeitgeber die von Schlesinger geforderten 18.300 Euro Ruhegeld zahlen müsse. Diese hatte sie nachträglich für Januar 2023 gefordert. Wie mit Ansprüchen der früheren Senderchefin für weitere Monate umgegangen wird, ist unklar.
Laut ihrem damaligen Arbeitsvertrag steht Schlesinger die monatliche Zahlung des Ruhegeldes bis an ihr Lebensende zu. Dass sie sich in ihrer Klage nur auf einen Monat berufen hatte, könnte daran liegen, dass die Prozess- und Anwaltskosten bei einer zu verhandelnden Summe von 18.300 Euro deutlich geringer sind als bei potenziellen Zahlungen von mehreren Hunderttausend Euro. Ob Schlesinger eine weitere Klage über den gesamten Zeitraum seit ihrer Kündigung einreicht, sei ihr selbst vorbehalten, sagte eine Gerichtssprecherin.
Schlesinger hatte den RBB nach ihrer Entlassung im August 2022 auf eine Ruhegeldzahlung in Höhe von 18.300 Euro verklagt. Diese stehe ihr nach über 30 Jahren im Dienst des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu, argumentierte ihr Anwalt Thomas Wahlig. Der RBB hatte die Forderungen Schlesingers mit der Begründung abgelehnt, ihre damaligen Verträge seien sittenwidrig gewesen.
Widerklage zum Digitalen Medienhaus wird abgetrennt
Zum Prozessauftakt im Januar dieses Jahres hatte der Vorsitzende Richter Thomas Markfort Schlesinger gute Chancen auf einen Erfolg vor Gericht attestiert. Der RBB habe „einen schlechten Vertrag geschlossen“, der aber nicht automatisch sittenwidrig sei, sagte Markfort damals. Ein Vergleich zwischen den beiden Streitparteien war im Juni gescheitert.
In einer Widerklage fordert der RBB weiteren Schadenersatz von Schlesinger im Zusammenhang mit der Planung eines neuen Digitalen Medienhauses für den Sender. Dieser Anspruch wird nun in einem weiteren Verfahren verhandelt. Der Sender beziffert den entstandenen Schaden durch das gescheiterte Projekt auf insgesamt 13,6 Millionen Euro, wie der RBB-Verwaltungsratsvorsitzende Wolfgang Krüger am Rande des Verfahrens mitteilte.
Schlesinger war von 2016 bis 2022 Intendantin des RBB sowie von Januar bis August 2022 Vorsitzende der ARD. Im Zuge des sogenannten RBB-Skandals musste sie im August 2022 von allen Ämtern zurücktreten. Berichte warfen ihr unter anderem Vetternwirtschaft und Vorteilsnahme vor. Schlesinger wurde nach ihrem Rücktritt fristlos vom RBB gekündigt. Gegen die ehemalige Rundfunkchefin sowie ihren Ehemann Gerhard Spörl und den früheren RBB-Verwaltungsratsvorsitzenden Wolf-Dieter Wolf laufen im Zusammenhang mit dem Skandal weiterhin strafrechtliche Ermittlungen.