Nach dem umstrittenen Ausgang der Parlamentswahl in Georgien hat die zentrale Wahlkommission angekündigt, die Stimmzettel in rund 14 Prozent der Wahllokale neu auszählen zu lassen. Die Behörde werde eine Neuauszählung „in fünf zufällig ausgewählten Wahllokalen in jedem Wahlbezirk vornehmen“, hieß es am Dienstag in einer Erklärung.
Die pro-europäische Opposition hatte der Regierungspartei nach der Wahl am Wochenende Betrug vorgeworfen. Am Montagabend waren zehntausende Menschen zu Protesten gegen das offizielle Wahlergebnis auf die Straße gegangen. Zu den Protesten hatte die Opposition aufgerufen, auch Präsidentin Salome Surabischwili (72) nahm daran teil.
Anschluss an Europa nicht verlieren
„Eure Stimmen wurden gestohlen, aber wir werden nicht zulassen, dass jemand unsere Zukunft stiehlt“, so Surabischwili. Zudem schwor sie, „dass ich bis zum Ende an eurer Seite stehen werde, auf unserem Weg nach Europa, wo wir hingehören.“
Der „Georgische Traum“ hält zwar offiziell am Plan fest, Mitglied der EU zu werden. Trotzdem hat er von der EU als antidemokratisch kritisierte Gesetze im Parlament beschlossen. Gleichzeitig bemüht sich die Partei Georgischer Traum um eine Annäherung an Russland. Die Opposition sowie Präsidentin Surabischwili wollen das Land dagegen in die EU führen und aus dem Einflussbereich Russlands lösen.
Opposition: offizielle Ergebnisse „gefälscht“
Die Wahlkommission in Georgien hatte am Sonntag nach der Auszählung fast aller Stimmen die Regierungspartei Georgischer Traum mit 54 Prozent der Stimmen zur Siegerin erklärt. Das pro-westliche Oppositionsbündnis kam demnach auf 37,58 Prozent. Das Bündnis bezeichnet die offiziellen Ergebnisse als „gefälscht“ und beansprucht den Wahlsieg für sich.
Auch die Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), des Europarats, des Europaparlaments und der Nato äußerten Zweifel am offiziellen Ergebnis. Die USA und die Europäische Union sprachen von „Unregelmäßigkeiten“.
Am Montag hatte eine Gruppe führender georgischer Wahlbeobachter erklärt, Beweise für einen komplexen und groß angelegten Betrug entdeckt zu haben. Sie forderte die Annullierung von mindestens 15 Prozent der abgegebenen Stimmen.
Die Wahldaten lieferten „solide Beweise für das Argument der Wahlmanipulation“, erklärte der Datenanalyst Levan Kvirkvelia beim Onlinedienst X. „Diese Manipulation fand ausschließlich in ländlichen Gebieten statt, und wir können sagen, dass die Regierungspartei Wahlbetrug begangen hat“, fügte er hinzu.