Die Europäische Union hat sich auf einen früheren Komplettverzicht auf russisches Gas geeinigt. Laut der Übereinkunft soll die Einfuhr von russischem Gas über Pipelines auf Grundlage von langfristigen Verträgen bis spätestens 1. November 2027 komplett eingestellt werden, wie der Rat der Europäischen Union mitteilte. Darauf hätten sich Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten und des Europaparlaments verständigt.
Die nun erzielte Einigung muss noch formell vom Europäischen Parlament und den Mitgliedstaaten im Rat bestätigt werden. Bereits im Oktober hatten die Länder der EU sich mehrheitlich für einen vollständigen Stopp russischer Gasimporte ab 2028 ausgesprochen. Ein Verbot für den Import von russischem Flüssigerdgas (LNG) soll im Einklang mit dem 19. Sanktionspaket der EU schon ab Januar 2027 gelten.
Rechtliche Änderungen sollen dauerhaft gelten
Die neuen Regeln ergänzen bestehende Sanktionen mit Einfuhrbeschränkungen und sollen die EU-Staaten langfristig unabhängig von Energieimporten aus Russland machen. Zudem soll es der vollständige Importstopp es Russland erschweren, den Angriffskrieg gegen die Ukraine weiter zu finanzieren.
Darüber hinaus soll die Einigung rechtliche Sicherheit schaffen: Während die Sanktionen gegen Russland alle sechs Monate verlängert werden müssen und Einstimmigkeit unter den Mitgliedstaaten erfordern, sollen die nun vorgesehenen rechtlichen Änderungen dauerhaft gelten.
Für russische Ölexporte in die Slowakei und Ungarn soll die EU-Kommission laut der Einigung im nächsten Jahr einen Plan für den Ausstieg bis Ende 2027 vorlegen. Die beiden Staaten beziehen als einzige in der EU noch russisches Rohöl und sind auch in hohem Maße von entsprechenden Erdgaslieferungen abhängig. Ungarn und die Slowakei haben Pläne zur Unterstützung der Ukraine mehrfach blockiert.
Ausnahmen sind in der Einigung für Binnenländer vorgesehen, die nach Abschluss kurzfristiger Verträge noch zwei Monate länger Erdgas aus Russland beziehen dürfen. Zudem enthält die Einigung eine Sicherheitsklausel, falls die Versorgungssicherheit eines oder mehrerer Mitgliedstaaten ernsthaft gefährdet sein sollte. Unter diesen Umständen könnte die EU-Kommission den betroffenen EU-Ländern erlauben, Einfuhrverbote für Gas auszusetzen.
Gaspreise sollen laut Analyse nicht steigen
Auch nach knapp vier Jahren Krieg erwirtschaftet Russland mit Energielieferungen in die EU weiterhin Milliardengewinne. So führten EU-Staaten nach offiziellen Zahlen im Jahr 2024 immer noch 52 Milliarden Kubikmeter Gas aus Russland ein, was rund einem Fünftel aller Einfuhren entsprach. Hinzu kamen 13 Millionen Tonnen Rohöl und mehr als 2.800 Tonnen Uran in angereicherter Form oder als Kernbrennstoff.
Im ersten Halbjahr 2025 importierte die EU nach Daten der EU-Statistikbehörde Eurostat Flüssigerdgas im Wert von fast 4,5 Milliarden Euro aus Russland. Im vergangenen Jahr war demnach natürliches und verarbeitetes Gas im Wert von 15,6 Milliarden Euro von dort importiert worden. Zum Vergleich: Aus den USA kam Gas im Wert von 19,1 Milliarden Euro.
Einer Analyse der EU-Kommission zufolge würde der Komplettverzicht auf russisches Gas kein Risiko für die Versorgungssicherheit bedeuten. Auf dem Weltmarkt gebe es genügend andere Anbieter, heißt es. Verbraucher müssten sich demnach keine großen Sorgen über steigende Gaspreise machen.
