Monarchie ist definiert als die Alleinherrschaft einer Person, die von Gottes Gnade oder durch Wahl auf den Thron gekommen ist. Die Republik der Vereinigten Staaten hat seit dem Sieg über die Truppen des britischen Königs Georg III. und ihrer Unabhängigkeit 1776 eine starke antimonarchische Tradition. Es sind nur wenige Anhänger dieser Regierungsform übrig geblieben, doch Präsident Donald Trump geriert sich in Form und Inhalt immer stärker als Alleinherrscher, dabei freilich mehr als moderner Diktator denn als altmodischer König – und mit Ausfällen gegen alle seine erklärten Feinde, die nur noch tyrannisch zu nennen sind.
Alte und neue Monarchen versammeln Hofschranzen, verteilen Privilegien und Gelder an Günstlinge, scharen eine Dynastie von Familienangehörigen um sich. Das wirkt im 21. Jahrhundert völlig aus der Zeit gefallen, doch in der verbreiteten Abkehr von der Standardform demokratischer Verfassungsstaaten sind alle Absurditäten möglich geworden. Der herausragende Höfling Trumps war bis vor Kurzem der mit Spezialaufträgen vertraute Unternehmer Elon Musk. Bei vielen Gelegenheiten, von zahlreichen Wahlkampfveranstaltungen über die Inaugurationsfeier bis zur Übernahme einer informellen Regierungsfunktion als Chef von DOGE, dem Department of Government Efficiency, das die Verschlankung der Bundesbürokratie mit rhetorischer Vehemenz und illegalen Übergriffen ins Werk setzte.
Musks Symbol wurde die Kettensäge. Sie scheint nur stumpf geworden zu sein. Der tatsächliche Effekt und finanzielle Ertrag seiner Säuberungsaktionen war weit geringer, als er angekündigt hatte. Musk selbst hat sich nun – Genaueres weiß man bis dato nicht – entweder selbst aus dem Weißen Haus zurückgezogen oder ihn ereilte jenes Urteil, mit dem Donald Trump als Reality-TV-Star einst Kult geworden war: „“. In jedem Fall will Musk sich nun wieder verstärkt um seine Unternehmen kümmern, Donald Trump sprach von Musks Arbeit kürzlich bereits in der Vergangenheitsform. Vorangegangen war dem in den letzten Wochen lautstarke Wortwechsel Musks mit Kabinettskollegen, die seine Personalentscheidungen widerriefen. Trumps zollpolitischen Berater Peter Navarro beleidigte Musk mit den Worten, dieser sei „dumm wie ein Sack Ziegel„.
Zwei verschiedene Kapitalfraktionen
Für den Abschied Musks, den viele Beobachter in Washington schon seit Januar dieses Jahres prophezeit haben, gibt es wohl drei Gründe. Die erste ist individueller Natur: Zwei so ausgeprägt narzisstische Persönlichkeiten können einander auf Dauer nur schwer ertragen. Sie möchten ununterbrochen gelobt und bewundert werden, und das wird schwierig, wenn ein anderer den Ruhm für sich verlangt. Trump dürften die exzentrischen Auftritte seines Adlatus übel aufgestoßen sein, die er oft schweigend verfolgte. Es ist zunächst also vermutlich ganz trivial Eifersucht im Spiel: Musk stand Trump in der Sonne.
Der zweite Trennungsgrund liegt weniger auf der Hand. Trump und Musk pflegen den gleichen disruptiven Politikstil, gestalten ihr Regierungshandeln wie eine Geschäftspraxis, kommunizieren über soziale Netzwerke und sind gleichermaßen sprunghaft in ihren Entscheidungen. Was verhindert da eine ideale Paarbildung? Es ist die Ähnlichkeit der beiden Milliardärskarrieren, die sich auf volatile Börsenwerte stützen und ihren Reichtum so beinahe fiktiv werden lassen. Doch der Absturz der Tesla-Aktie schmerzt Musk am Ende mehr als Trump seine sinkenden Zustimmungswerte. Und hinzu kommt: Musk entspringt dem Techmilieu, Trump hingegen kommt aus dem Immobiliengeschäft. Das stellt einen bedeutenden Kulturunterschied dar, der nach einer – unterm Strich missratenen – 100-Tage-Bilanz zur Abkühlung führt. Das Paar ergänzte sich nicht mehr.
Der dritte und wichtigste Trennungsgrund lag wohl darin, dass Trump und Musk zwei verschiedenen Kapitalfraktionen angehören und auf der gemeinsamen Grundlage einer rechtslibertären Staatsfeindlichkeit in Kombination mit einem schrankenlosen Autoritarismus außenwirtschaftspolitisch konträre Interessen verfolgen. Trump ist ein Ethnonationalist, der mit einem protektionistischen Programm der Reindustrialisierung die weiße Arbeiterklasse wieder stark machen möchte. Das ist der ideologische Kern der MAGA-Formel, die alten Zeiten nachtrauert und den American Dream auf die autochthonen Amerikaner begrenzt. Auch wenn Trump ein bigotter Blasphemiker ist, kann er dabei auf die Unterstützung der religiösen Rechten zählen. Elon Musk verkündet ebenfalls ein weiß-rassistisches Übermenschentum, aber er hat kein Interesse an einer nationalistischen Abschottung der Vereinigten Staaten. Vielmehr träumt er, unter Einschluss der eigenen Person, von einer weltumspannenden Herrschaft des aller Fesseln enthobenen Fintechkapitals.
Sie haben auf das falsche Pferd gesetzt
Den Showdown zwischen ethnonationalistischen und technoglobalistischen Strategien hat der Harvard-Ökonom Dani Rodrik für unausweichlich angesehen: „Die Wirtschaftsnationalisten wollen zu einer mythischen Vergangenheit zurück, die vom industriellen Ruhm Amerikas geprägt ist, während das Techlager sich eine von KI verwaltete utopische Zukunft vorstellt. Die einen sind populistisch, die anderen elitär. Der eine glaubt an die Alltagsweisheit und den gesunden Menschenverstand der einfachen Leute, der andere nur an die Technologie. Die einen wollen die Einwanderung generell stoppen, die anderen heißen qualifizierte Neuankömmlinge willkommen. Der eine ist engstirnig provinziell, der andere im Wesentlichen globalistisch. Der eine will das Silicon Valley zerschlagen, der andere es stärken. Der eine will die Reichen schröpfen, der andere sie mit dem goldenen Löffel füttern.“ Der Ausgang steht freilich fest: Die „Tragödie besteht darin, dass die weniger gebildeten Wähler aus der Arbeiterklasse, die auf Trumps antielitäre Botschaft hereingefallen sind, die Verlierer sein werden. Keiner der konkurrierenden Flügel von Trumps Koalition bietet eine überzeugende Vision für sie.“
Ob die drohende Weltwirtschaftskrise den Kälbermarsch ins Verderben verhindern kann, ist zweifelhaft. Schließlich zählen in der Trump-Ära weniger die berühmten als die Angst der (nicht mehr nur männlichen) weißen Mehrheit vor dem Verlust ihrer demografischen und kulturellen Dominanz. Es ist erschreckend, wie aktuell heute Analysen der 1880er- und 1920er-Jahre zu Finanzkapital, Imperialismus und Faschismus, aber auch Carl Schmitts nationalsozialistischem Großraumkonzept wirken. Wobei Trumps geoökonomische Gier nach Territorien und Rohstoffen all jenen einen Dorn im Auge ist, die auf die technologische Hyperglobalisierung gesetzt haben. Die Protagonisten von Silicon Valley, die bei Trumps Inauguration brav den Kotau machten, haben also auf das falsche Pferd gesetzt. Trump verdirbt ihnen das Geschäft und macht sie ärmer, Musk hat sie nicht zu schützen gewusst. Er muss sich jetzt um seine Raumfahrtprojekte kümmern, Tesla abstoßen und das Chinageschäft am Leben halten. Es ist also kein Wunder, dass Trumps Zollpolitik der Casus Belli geworden ist.
Und wenn sich zwei streiten, kann sich oft ein Dritter freuen. Mit Vizepräsident JD Vance steht schon ein eiskalt kalkulierender Machtpolitiker zur Wachablösung bereit für den Fall, dass Donald Trump für seinen Anhang im Kongress unhaltbar und seines Amtes enthoben wird oder schlicht die Lust verliert. Noch jeder Cäsar der Geschichte musste einen Königsmörder befürchten.