Auch wenn es
derzeit gute Gründe gibt, das Weltgeschehen aus der stabilen
Seitenlage zu verfolgen, sollte man sich weiterhin kurz an die fröhlicheren
Dinge des Lebens erinnern, etwa ans absurde Theater. Von Eugène Ionesco, dem heiteren
großen Vorsitzenden dieser Disziplin, stammt zum Beispiel ein Stück, das den Titel
trägt: Darin hockt eine Familie, in der alle Jakob
heißen, in einem Zimmer, brabbelt im Wesentlichen lustig bescheuerte Sätze vor
sich hin und sorgt sich um den Fortbestand der Gesellschaft.
Der Dramatiker Ionesco jedenfalls hätte sich seinerzeit vermutlich nicht erträumt,
dass man einen Titel seiner Stücke irgendwann mit einer politischen Analyse über
amerikanische Verhältnisse verwechseln könnte. Seit Wochen hört man aus den USA
ja viel von der wütenden Verzweiflung über die Eierpreise, gegenwärtig sind es
wohl 6,23 Dollar für zwölf Stück. Und über die allerneusten politischen,
diskursiven und ökonomischen Wendungen der amerikanischen Eierkrise wird man in
Deutschland ebenfalls immerzu unterrichtet, und allmählich führt das zu sonderbaren
Sätzen, die wiederum aus dem absurden Werk von Ionesco herausgepurzelt sein könnten. Zum
Beispiel: „Das Ei ist so etwas wie der Posterboy der Inflation geworden.“
Falls
sich Leute bald wirklich Poster mit Eiern aufhängen, um die aktuellen Zustände anzuklagen,
werden wir sicher sofort informiert. Einstweilen haben vor
Ostern verzweifelte US-Bürger auf Instagram begonnen, bemalbare
Ei-Alternativen zu testen, um damit dem Leidensweg Jesu zu gedenken oder was man sonst damit macht. Passable Ergebnisse seien mit Erdnussbutter erzielt
worden, das ist doch ein Lichtblick. Einen eher traurigen Anblick boten hingegen
Kartoffeln mit Lebensmittelfarbe, die man immerhin noch großzügig der Illusionskunst
des Trompe-l’œil zurechnen kann, was man in diesem Fall ungefähr Trump-lol
ausspricht.
Apropos: Das traditionelle „Eierrollen“ im Garten des Weißen Hauses soll zum
Ostermontag allerdings nicht von der Eierknappheit betroffen sein. Kinder können
also weiterhin mit langen Löffeln die hart gekochte Luxusware über den Rasen prügeln,
vielleicht um sich auf eine Golfkarriere in Mar-a-Lago vorzubereiten. So gesehen:
beste Stimmung im Oval Office, das in diesen pochierten Zeiten nicht umsonst so
heißt. Wie man hört, hat Donald Trump dort zuletzt für ein paar Millionen ordentlich umdekoriert, natürlich
in seiner Lieblingsfarbe Gold, damit es etwas mehr nach Weltenlenkerprunk, Oligarchenornament und Versaillevulgarität
aussieht, die man in solchen Geisteskreisen für Geschmack hält, getreu der alten Regel: Wenn das Volk keine Eier hat, kann man selbst ja immer noch die Dinger von Fabergé essen. In diesem Text ist im Übrigen 43 Mal die Silbe „Ei“ versteckt. Macht dann etwa 22 Dollar und 32 Cent.