Nicht nur hier ging’s in
der letzten Woche um Hercule Poirot, sondern auch in der Wirklichkeit. Oder
besser: in der Fantasie
der Leute, die angeregt durch den Kronjuwelenraub im Pariser Louvre beim
Foto, das Thibault Camus von einem elegant gekleideten Hutträger vor Polizeihintergrund gemacht hat, nur an einen
Detektiv alten Schlags denken wollten. Und nicht an einen 15-jährigen Schüler, wie sich nun herausstellte.
Solche Fantasie verdankt sich auch dem vielen Krimigucken.
Der reale Einbruch erscheint beim medial informierten Publikum wie ein Film, in
dem die Räuber durchaus Sympathie genießen, weil das bei oder so erzählt wird. Der Raubzug als ausgeklügeltes Schachspiel oder
gleich als rätselhaftes Kunstwerk, elegant ausgeführt von Profis, die um
Perfektion bemüht sind.
Das alles gilt leider nicht für den neuen Berliner (rbb-Redaktion: Verena Veihl, Degeto-Redaktion: Birgit
Titze). Hier soll der Coup darin bestehen, illegal präparierte Pässe aus der
Bundesdruckerei zu stehlen, mit denen Menschen aus Venezuela legal nach
Deutschland kommen können. Dem Betrug kommen Karow (Mark Waschke) und Bonard
(Corinna Harfouch) durch einen toten Fahrradkurier auf die Spur, weil es für
den ARD-Sonntagabendkrimi nun mal eine Leiche braucht.
Erzählerisch ist ziemlich verquast,
was eine betrübliche Nachricht ist angesichts der Tatsache, dass der rbb für
den sogar eine Art Writers‘ Room betrieben hat (Drehbuch: Dagmar
Gabler, nach einer Idee von Gabler, Josefine Scheffler und Thomas André Szabó).
Der Sinn einer solchen Kollaboration wäre doch, dass durch die Diskussion unter
drei Leuten vom Fach ein differenzierter Film mit komplexer, aber eingängiger
Handlung entstünde. Stattdessen wird man das Gefühl nicht los, das Ermittlungsduo
selbst müsse sich in uninspirierten Dialogen die ganze Zeit davon überzeugen,
den Fall richtig zu verstehen.
Ein Konstruktionsproblem dabei ist die Verknüpfung von Leiche
und Raub bis ins Personal hinein. Der tote Rider, ein Mann aus Venezuela namens
Tomas Rey, wird gespielt von Hannes Wegener, der zugleich die Figur Xavier
Weberlein verkörpert, der Rey mit dem Auto totfährt. Ob es das schon mal
gegeben hat im , dass Opfer und Täter mit dem gleichen
Schauspieler besetzt sind, wäre eine interessante Frage, wenn der Film mehr
Esprit hätte.
Aber in produziert der Umstand, dass
Rey mit einem Pass von Weberlein unterwegs war, nichts Prickelndes. Karow und
Bonard überbringen der Frau von Weberlein (Magdalena Wiedenhofer) gerade die
Todesnachricht, als der vermeintlich Gestorbene putzmunter nach Hause kommt.
Eine Szene, die tragikomisches Potenzial gehabt hätte.
Weberlein taucht dann am Ende wieder auf, weil er in den
Dokumentenbetrug verstrickt ist als Mittelsmann eines unsichtbaren Strippenziehers
im fernen Südamerika. Schlecht getarnt als Fahrer eines Logistik-Unternehmens,
das die Kiste mit den vorbereiteten Pässen aus der Bundesdruckerei schleusen
will, tippt er hektisch auf einer Tastatur herum, während Kommissarin Bonard,
die im Wissen um den geplanten Betrug dabei sein wollte, in einer
Sicherheitsschleuse festhängt.
