Weit weg von der hektischen Hauptstadt Berlin arbeitet der wichtigste Schulden-Mann Deutschlands: Dr. Tammo Diemer (55). Der Mathematiker und Chef der Finanzagentur des Bundes in Frankfurt/Main (Hessen) beschafft mit seinen 300 Mitarbeitern der Bundesregierung ausreichend finanzielle Mittel, wenn die Steuereinnahmen nicht ausreichen.
Wenn Friedrich Merz (69) von Lockerung der Schuldenbremse und Sondervermögen spricht, wenn CDU, SPD und Grüne Schulden-Summen von 1 bis 1,5 Billionen durch Bundestag und Bundesrat bringen, muss Diemer und seine Bundes-Agentur ran.
Die Finanzagentur jongliert mit Milliarden im Jahr. Die neuen Schulden verursachen in Frankfurt deshalb keine große Aufregung.
Aktuell steht der Staat mit 1,7 Billionen Euro in der Kreide. Die neue Billionen-Summe würde auch nicht im Ganzen aufgenommen werden, sondern ist auf viele Jahre gestreckt. Die 500 Milliarden Sondervermögen „Infrastruktur“ auf 12 Jahre, das wären 41 Milliarden pro Jahr.
Woher bekommt die Finanzagentur das Geld für den Staat?
▶ Diemer und seine Mitarbeiter verkaufen Bundes-Wertpapiere über einen bestimmten Banken-Kreis, um sich so Geld bei Investoren im In- und Ausland zu leihen. In regelmäßigen Abständen finden deshalb bei der Finanzagentur Auktionen statt.
Die Banken können bei den Auktionen auf die Wertpapiere bieten, die Höchstbietenden erhalten den Zuschlag. Wie lange das Geld geliehen ist, wann es zurückgezahlt werden muss und wie hoch der Zinssatz ist, wird bei jeder Auktion einzeln festgelegt. Es gibt u.a. Anleihen von fünf, sieben, 15 und 30 Jahren sowie zweijährige Bundesschatzanweisungen.
▶ Aktuell gibt es für Bundes-Wertpapiere 2,5 Prozent (letzte Auktion vom 12. März.). Der Zins wurde durch den aktuellen Marktwert (Angebot/Nachfrage der Investoren, Ratingagenturen) von der Finanzagentur festgelegt.
▶ 2024 gab es 123 Auktionen, 32 Banken aus dem In- und Ausland durften teilnehmen, 438,5 Milliarden Euro hat Diemers Agentur für die Staatskasse eingenommen. Die Wertpapiere gelten deshalb als begehrt, weil Ratingagenturen wie Moody’s, Standard and Poor’s und Fitch Deutschlands Kreditwürdigkeit als sehr hoch einstufen – mit Höchstbewertungen „AAA“.
Angebot, Nachfrage und Rating-Bewertung bestimmen Zins
▶ Heißt: Deutschland zahlt stets seine Schulden zurück bzw. das Nichtzurückzahlen gilt als höchst unwahrscheinlich. Die Bewertungen sind auch wiederum gut für den Steuerzahler: Umso höher die Bewertung der Ratingagenturen ist, desto geringer sind die Marktwert-Zinsen, die die Finanzagentur an die Gläubiger zahlen muss. Aktuell hat die Finanzagentur 1.696.639.784.940 Euro an ausgegebenen Wertpapieren in der Bilanz.
Diemers Finanzagentur ist krisenerprobt: Die Folgen der Corona-Pandemie, der russische Angriffskrieg und die damit verbundene Energiekrise wurde mit Wirtschaftsstabilisierungsfonds abgefedert. Dazu gehören auch Beteiligungen bei Lufthansa und TUI. Seit 2018 verwaltet die Finanzagentur auch den Finanzmarktstabilisierungsfonds mit Beteiligungen u.a. an der Commerzbank.