Eigentlich ist es für Unternehmen eine feine Sache, wenn sie ihre Branche als unumstrittener Marktführer dominieren. Für die HUK Coburg aber ist ihre herausragende Position unter den deutschen Kfz-Versicherern, die sie sich über Jahre mit günstigen Konditionen erarbeitet hatte, derzeit ein zwiespältiger Erfolg.
2023 bescherten ihr ihre fast 14 Millionen Kunden einen Verlust von mehr als 200 Millionen Euro. Grund dafür sei eine „neue Schadenrealität“, sagte Vorstandschef Klaus-Jürgen Heitmann. Es gebe mehr Unfälle, deren Reparaturen deutlich teurer ausfielen. Weitere Preiserhöhungen für die Versicherungskunden seien deshalb unvermeidbar.
Bei anderen Anbietern sieht es ähnlich aus. Dabei hatten die Preise bereits deutlich angezogen. Wer heute ein neu erworbenes Auto versichere, zahle durchschnittlich 20 Prozent mehr als vor einem Jahr, ermittelte das Vergleichsportal Verivox im April.
Auch wenn sich die Inflation insgesamt deutlich verringert hat, dürften sich einige Versicherungen wegen der gestiegenen Kosten dennoch weiter verteuern. Mit größeren Zuschlägen müssen Verbraucher etwa bei Gebäudepolicen und der privaten Krankenversicherung rechnen.
Gerade in der Kfz-Versicherung hatten sie lange von einem Preiskampf profitiert. Befeuert wurde dieser dadurch, dass Verträge jährlich kündbar sind und besonders häufig digital abgeschlossen werden. Nach Angaben des Branchenverbands GDV versicherten im vergangenen Jahr 24 Prozent der Eigentümer ihr Auto über das Internet, über alle Produkte hinweg lag dieser Anteil bei nur 19 Prozent.
Vor allem bei lang laufenden und folgenschweren Angeboten wie Lebens-, Renten- und Krankenvollversicherungen setzen Verbraucher weiter auf persönliche Beratung.
Im vergangenen Jahr fuhren die Kfz-Versicherer insgesamt einen Verlust von mehr als drei Milliarden Euro ein. Trotz der Preiserhöhungen dürften die Kosten die Beitragseinnahmen auch in diesem Jahr um bis zu zwei Milliarden Euro übersteigen, prognostizierte GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen im April. Das hält die Finanzaufsicht Bafin für keinen tragbaren Dauerzustand.
„Vor allem in der Kfz-Versicherung waren die Prämiensteigerungen branchenweit nicht deutlich genug, um das Geschäft profitabel zu betreiben“, sagte die für Versicherungen zuständige Exekutivdirektorin Julia Wiens in einem Interview. Dauerhaft defizitäre Sparten werde die Behörde nicht akzeptieren. Die „klare Erwartungshaltung“ sei deshalb, dass die Versicherer im nächsten Jahr weiter nachbessern, wenn es erforderlich ist.
Dabei dürfte der Korrekturbedarf variieren. Denn die einzelnen Anbieter haben sehr unterschiedlich abgeschnitten, wie das „Versicherungsmagazin“ gerade ermittelt hat. Neben der HUK Coburg mussten demnach auch die Signal Iduna, die Provinzial und die DEVK hohe Verluste im Kfz-Geschäft melden.
Immerhin 15 Anbieter konnten trotz der gestiegenen Reparaturkosten ein positives Ergebnis melden. Zu ihnen zählt auch die Allianz, die sich dem Preiskampf weitgehend verweigert hatte und die Konditionen deshalb vermutlich stabiler halten könnte.
Dass die Kunden von den Anpassungen alles andere als begeistert sind, zeigt sich an der Zunahme ihrer Beschwerden bei der Bafin. Deren Zahl stieg 2023 um fast 40 Prozent. Mehr zahlen müssen sie am Ende trotzdem.
Cornelius Welp ist Wirtschaftskorrespondent in Frankfurt. Von dort aus berichtet er über Banken, Versicherungen und Finanzinvestoren und Unternehmen.