„Ich freue mich auf ein
Amerika, das Leistungen in den Künsten genauso wertschätzt wie Leistungen im
Geschäftsleben und in der Staatskunst“, steht in großen Lettern auf dem
blendend weißen Carrara-Marmor geschrieben, der das riesige Gebäude draußen ummantelt,
190 Meter ist das Haus breit, 90 Meter tief, 30 Meter hoch, das am Potomac
River in der US-Hauptstadt Washington, D. C. steht. „Ich freue mich auf ein
Amerika, das den Standard an künstlerischen Fähigkeiten beständig steigert und
das den Zugang zu Kunst für alle unsere Bürger beständig vergrößert“, geht das
Zitat auf der Fassade weiter. „Und ich freue mich auf ein Amerika, das der Welt
Respekt abnötigt nicht nur wegen seiner Stärke, sondern für seine Kultur.“
Diese optimistischen Sätze
hat John F. Kennedy am 26. Oktober 1963 anlässlich der Verleihung der
Ehrendoktorwürde an ihn durch das Amherst College in Massachusetts gesagt.
Knapp vier Wochen später wurde der US-Präsident ermordet. Und knapp acht Jahre
später, am 8. September 1971, wurde das John F. Kennedy Center for the
Performing Arts eröffnet, kurz Kennedy Center. Es soll seiner Bestimmung nach
eine „lebendige Gedenkstätte“ zur Erinnerung an Kennedy sein – und das
nationale Zentrum für die darstellenden Künste, für Oper, Sprechtheater,
klassische Musik, in den USA auch das längst klassische Musical.
Mehr als ein halbes
Jahrhundert lang hat das Kennedy Center diese Aufgabe ohne wesentliche
Eingriffe der Politik erfüllt, beaufsichtigt von einem paritätisch mit
Republikanern und Demokraten besetzten Verwaltungsrat, dem Board of Trustees, der
sich nie öffentlich groß bemerkbar gemacht hat. Damit ist es nun vorbei. Der aktuelle
US-Präsident, der sich, um die oben zitierten Worte Kennedys zu entlehnen, fortwährend
für seine angeblichen „Leistungen im Geschäftsleben und in der Staatskunst“
selbst lobt (und von seinen Gefolgsleuten loben lässt), greift nun die Kultur direkt
an. Indem er die Kontrolle über das Kennedy Center übernimmt. Man weiß nur noch
nicht, welche Kultur er dort künftig repräsentiert wissen will.
Anfang Februar hat sich
Donald Trump zum Chairman des Kennedy Center wählen lassen, von einem Board of Trustees, aus
dem er zuvor alle Vertreter der Demokraten hatte entfernen und sie durch ausschließlich
republikanische Gefolgsleute hatte ersetzen lassen. Die alte Leitung wurde gefeuert,
Trump ließ seinen Sonderbeauftragten Richard Grenell, der während Trumps erster
Amtszeit US-Botschafter in Deutschland war, als Interimspräsidenten einsetzen. Den
Künsten und der Kultur hat Trump in dem Zuge auf seiner Social-Media-Plattform Truth Social „ein goldenes Zeitalter“
unter seiner Schirmherrschaft des Kennedy Center versprochen. Er werde das
Kulturzentrum, das mit zuletzt rund zwei Millionen Besuchern pro Jahr bei knapp
2.000 Veranstaltungen sehr gute Zahlen vorweisen konnte, endlich
machen, sagte er dann noch dem neuen Board per Telefonschalte.
Nach übereinstimmenden
Medienberichten war Donald Trump noch nie im Kennedy Center. Das wird sich laut
eines Berichts der am Montag ändern, dann soll Trump dort
bei einer Board-Sitzung erscheinen.
Wir gehen da jetzt mal rein.
Um nachzuschauen, was noch übrig ist vom alten Kennedy Center, bevor womöglich
Donald Trump höchstpersönlich dessen Programm bestimmt.
Kultur für alle, auch für die Kleinsten
Es ist der Samstagnachmittag vor acht Tagen, am Eingang zur sogenannten Hall of States, einem von zwei
Großfluren, die das Kennedy-Center-Gebäude durchziehen, stehen Grüppchen von
Eltern mit Kindern, manche der Kleinen sind augenscheinlich erst vier, fünf
Jahre alt, die meisten tragen Straßenklamotten. Im Family Theater, das eines
der kleineren von insgesamt sechs Bühnen im Kennedy Center ist, läuft das
Kindertheaterstück das auf einem Schöpfungsmythos
des indigenen Volkes der Navajo basiert. Das Kennedy Center ist eben nicht nur
ein Ort für etablierte Hochkultur, es soll einer für alle Kulturinteressierten
sein, egal wie alt sie sind, egal aus welcher Bevölkerungsschicht sie stammen.
Das Erwachsenenticket kostet knapp über 20 US-Dollar, das kann sich fast jede
und jeder leisten.
Die Inszenierung von wurde von der alten
Leitung des Kennedy Center in Auftrag gegeben, finanziell ermöglicht wurde es vom BIPOC Superhero Project für US-Jugendtheater, das landesweit die
Repräsentation ethnischer Minderheiten in der Kultur fördern soll. Das Projekt ist
also genau einer jener zu Diversität (in den USA D.E.I. genannt, „„), die Trump
für „woke“ hält und gerade in allen Behörden auf US-Bundesebene abwickeln
lässt. Unter einem Chairman Trump dürfte es so etwas wie künftig eigentlich nicht mehr geben.