Eine Friedenstruppe ist die richtige Idee

Annalena Baerbock hat recht: Wenn es zu einem
Waffenstillstand in der Ukraine kommt, sollten Deutsche Teil einer
Friedenstruppe sein, die den Westteil des Landes vor erneuter russischer
Aggression schützt. Auch und gerade deshalb sollte es nach der
Bundestagswahl möglichst schnell zur Bildung einer schwarz-grünen
Koalitionsregierung kommen. Auch wenn Baerbock in diesem Punkt weiter ging, als die Union – derzeit – zu gehen bereit ist.

Aber eins nach dem anderen. Dass es bald nach dem Einzug
Donald Trumps ins Weiße Haus zu einem Waffenstillstand in der Ukraine kommt, ist
so gut wie sicher. Die Ukraine könnte nur gewinnen, wenn der Westen sehr viel
mehr Waffen liefern würde, und das will Trump eben nicht. (So viel übrigens zur
vulgärmarxistischen Theorie, Kriege würden von kapitalhörigen Regierungen
geführt, um den Absatz der größten Waffenproduzenten zu steigern.)

Das alternde und schrumpfende Russland wiederum verliert täglich
junge Männer an der Front und muss schon nordkoreanische Söldner als
Kanonenfutter importieren. Amerikanische und britische Waffen treffen Munitionslager
und Kommandozentralen im russischen Hinterland. Wladimir Putins Regime ist
imperial überdehnt, wie der Kollaps seines Klienten in Damaskus und der
Aufstand gegen seinen Klienten in Georgien zeigen. Das Land leidet unter
westlichen Sanktionen und hausgemachter Inflation und wird durch den Krieg
immer mehr zum Spielball chinesischer Weltpolitik.

Ein Nato-Beitritt wäre besser

In dieser Lage hat Wolodymyr Selenskyj signalisiert, dass er
die Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine nicht als
Vorbedingung für einen Waffenstillstand und Friedensgespräche ansieht. Im
Gegenzug sollte die West-Ukraine – wie Westdeutschland im Kalten Krieg – in die
Nato aufgenommen werden.

Das wäre sicherlich die beste Lösung. Sie würde die
militärische Macht der USA und ihrer Verbündeten in die Waagschale der
Abschreckung werfen. Damit wäre das Versäumnis von 2008 wettgemacht, als Angela
Merkels Nein zu entsprechenden Plänen des US-Präsidenten George W. Bush der
russischen Seite die Möglichkeit signalisierte, in der Ukraine-Frage die Nato zu
spalten und die Deutschen mit billigem Gas zu neutralisieren.

Trotzdem ist eine Aufnahme in die Nato mehr als
unwahrscheinlich. Trump will nicht in Europa gebunden werden, sondern sich auf
die Bedrohung durch China konzentrieren, und Putin wird eine
Nato-Mitgliedschaft der Ukraine nicht akzeptieren. Baerbock hatte deshalb recht,
als sie allgemein von einer „internationalen Präsenz zur Absicherung eines
Waffenstillstandes“ sprach und versprach, man werde alles, was einem künftigen
Frieden diene, „von deutscher Seite mit allen Kräften unterstützen„.

Nur eine Scheindebatte?

Natürlich bleiben Mäkeleien nicht aus. Carlo Masala, Professor
an der Bundeswehr-Uni München, rechnete in der vor, dass man zur
Absicherung einer 1.200 Kilometer langen Frontlinie mindestens 10.000 Soldaten
bräuchte. „Wir reden (…) über europäische Bodentruppen, die alles brauchen:
gepanzerte Fahrzeuge, Panzer, Artillerie, Luftunterstützung“, so Masala, dessen
Wort durchaus Gewicht hat. Er hält die Idee angesichts der militärischen Schwäche
Europas für „nicht umsetzbar“. Thomas Jäger, Professor für Außenpolitik an der
Universität Köln, ließ sich im gleichen -Artikel mit der Meinung zitieren, es
handle sich um „eine Scheindebatte, die manchem zur Profilierung dienen mag,
aber keine Substanz hat“.

Auch Verteidigungsminister Boris Pistorius und Wehrbeauftragte Eva Högl – beide SPD – kritisierten Baerbocks Äußerungen. Darüber, was nach einem Ende der Kampfhandlungen geschehe, werde man reden, wenn es so weit sei, sagte Pistorius. Natürlich würden intern Szenarien durchgespielt, aber es helfe niemandem, diese offenzulegen. Pistorius offenbart eine interessante Vorstellung von Demokratie: Über Krieg und Frieden diskutieren wir intern, das dumme Wahlvolk braucht nicht daran beteiligt werden.

Aber auch von der Union kommt Kritik: Er halte solche
Spekulationen zum jetzigen Zeitpunkt für unverantwortlich, sagte der CDU-Vorsitzende
und mutmaßliche künftige Kanzler Friedrich Merz in der ARD-Sendung
.