Es würde nicht verwundern, wenn Marco Rubio und Sergej Lawrow an diesem Tisch ein Pokerspiel eröffnen würden. Im übertragenen Sinne tun der amerikanische Außenminister und sein Kreml-Konterpart genau das: In Riad (Saudi-Arabien) zocken sie um die Zukunft der Ukraine. Ohne, dass diese bis jetzt überhaupt ein Wörtchen mitreden kann.

Drei Jahre nach dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen das Nachbarland soll es nun – auf Betreiben von US-Präsident Donald Trump (78) – ein Ende des Blutvergießens geben. So hatte es Trump im Wahlkampf versprochen; er will einen Deal mit Kreml-Tyrann Wladimir Putin (72). Über die Köpfe der Ukraine und über die Köpfe Europas hinweg.

Diesen Weg schlagen der mächtigste Mann der Welt und der russische Kriegstreiber mit ihren beiden Chef-Zockern ein. Dem verhältnismäßig jungen Rubio – und seinem gewieften Gegenüber Lawrow (bereits seit 2004 im Amt).

Rubio soll die USA aus der Rechnung nehmen

Rubio, der Sohn kubanischer Exilanten, hat Erfahrung darin, sich durchzuboxen – seine Eltern haben es vorgelebt. Mehrmals wechselte die Familie ihren Wohnort, in Miami, Los Angeles und der Zocker-Stadt Las Vegas arbeitete der Vater als Barkeeper, später als Schülerlotse; seine Mutter als Zimmermädchen.

Rubio selbst zockt bereits in seinen ersten Amtswochen an den großen Verhandlungstischen der Welt: Im Nahost-Konflikt unterstrich er die klare pro-israelische Haltung seiner Regierung und erklärte, die Terrororganisation Hamas müsse zerstört werden.

Und im Ukraine-Krieg stellt er sich wie Regierungsschef Trump gegen die Linie von Joe Bidens Vorgängerregierung: Eine weitere Verstrickung der USA in den Krieg ist nicht mehr vorgesehen; Waffenlieferungen soll es nicht mehr geben, auch Friedenstruppen mit US-Beteiligung schließt die neue Administration aus – die Ukraine soll zu Europas Problem werden.

„Lügen-Lawrow“ kommt plötzlich kuscheln

Sein Gegenüber Sergej Lawrow soll nun eine Kehrtwende der russischen Politik gegenüber dem Westen initiieren. Wütete er in den vergangenen Jahren noch unaufhörlich gegen den Westen und drohte mit Atomschlägen gegen US-Millionenstädte, so soll „Lügen-Lawrow“ nun den Weg für neue Beziehungen mit Washington ebnen.

Bei dem Spiel um die Ukraine geht es also auch um Größeres: Um die Eiszeit der letzten Jahre zu beenden, sei u. a. ein Kommunikationskanal geplant. Die angestauten Probleme sollen hier abgebaut werden. Ebenso – das vereinbarten die Zocker von Riad in einem vorangegangenen Telefongespräch – sollen auch die bilateralen Handelsbeziehungen wieder verbessert werden.

Noch bevor Details aus den Verhandlungen in Riad nach außen drangen, veröffentlichte der Kreml am Dienstag vermeintlich zahme Statements zur Zukunft der Ukraine: Das Land habe das „souveräne Recht, der EU beizutreten“, hieß es aus Moskau.

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow erklärte außerdem, Russland habe nicht die Absicht, der Führung in Kiew vorzuschreiben, wie sie mit dieser Frage umgehen solle. Die „EU-Erlaubnis“ aus Moskau ist das eine – eine Nato-Mitgliedschaft lehnt Russland aber weiter strikt ab.

Wie sehr Russland mit der Ukraine spielt, wird auch an neuen Äußerungen von Kriegstreiber Putin deutlich: Sein Sprecher Peskow erklärte zwar, dieser sei „wenn nötig“ bereit, mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu sprechen. ABER: Weil Selenskyjs Amtszeit im Mai 2024 offiziell zu Ende gegangen sei, stünden Vereinbarungen unter rechtlichem Vorbehalt.

Im Klartext: Moskau hält den ukrainischen Präsidenten gar nicht für legitimiert, um einen Frieden zu verhandeln.