Ein einziger Einsatz eines US-amerikanischen F-35-Kampfjets stößt bis zu 28 Tonnen CO₂ aus. Zum Vergleich: So viel verbraucht ein Durchschnittsdeutscher in etwa 3,5 Jahren. Kriege verursachen gewaltige Mengen an Treibhausgasemissionen. Panzer, Jets, Bomben, brennende Städte – all das bläst CO₂ in die Atmosphäre. Und die Welt rüstet auf: Laut einer Analyse des Stockholm International Peace Research Institute stiegen die globalen Rüstungsausgaben 2023 auf 2,44 Billionen US-Dollar – der höchste je festgestellte Wert (PDF). Gleichzeitig ist die Zahl schwerer bewaffneter Konflikte so hoch wie seit dem Kalten Krieg nicht mehr.
In der Politik blieb die klimaschädliche Wirkung des Militärs bislang weitgehend unbeachtet. Dabei zeigen wissenschaftliche Berechnungen, dass das Militär für etwa 5,5 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich ist. Wenn also alle Armeen ein Land wären, hätten sie einen höheren Ausstoß als Russland oder Japan alleine.
Der Krieg schadet dem Klima über Jahre
Ein besonders drastisches Beispiel liefert der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. Laut der Initiative on GHG Accounting of War wurden in den ersten drei Kriegsjahren rund 230 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente freigesetzt (PDF) – mehr, als Österreich, Tschechien und die Slowakei zusammen jährlich emittieren. Der Bericht zählt sämtliche kriegsbedingte Treibhausgase: aus Kampfhandlungen, zerstörter Infrastruktur, Bränden, Wiederaufbau und kriegsbedingter Migration. Selbst die Umleitung des zivilen Flugverkehrs über dem Kriegsgebiet wurde erfasst. Besonders alarmierend: Je länger der Krieg andauert, desto höher steigen die Emissionen. Allein im dritten Kriegsjahr kamen über 80 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente zusammen, unter anderem wegen großflächiger Wald- und Flächenbrände, die durch Munitionseinschläge und Trockenheit entfacht wurden. Diese machen ein ganzes Fünftel der Emissionen aus.
Der größte Faktor sind jedoch die direkten militärischen Aktivitäten – Panzer, Artillerie, Kampfjets und ihr immenser Treibstoffverbrauch. Sie machen rund ein Drittel der Gesamtbilanz aus. Knapp dahinter kommt mit 27 Prozent der energieintensive Wiederaufbau zerstörter Wohn-, Verkehrs- und Energieinfrastruktur. Der Krieg wirkt so nicht nur im Moment zerstörerisch – sondern schädigt die Klimabilanz des Landes noch über Jahre.
Auch im aktuellen Gazakrieg lassen sich diese Effekte nachweisen. Eine Studie eines internationalen Forscherteams analysierte umfassend die Treibhausgasemissionen, die zwischen Oktober 2023 und Ende 2024 durch militärische Operationen Israels entstanden. Luftangriffe, Panzerbewegungen und logistische Operationen verursachten in nur 15 Monaten mehr als 1,89 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente. Der potenzielle Wiederaufbau Gazas könnte weitere 31 Millionen Tonnen nach sich ziehen.
Lennard de Klerk von der Initiative on GHG Accounting of War war an beiden Studien beteiligt und stellt Ähnlichkeiten in den Emissionen in beiden Kriegen fest: „Emissionen aus Kriegshandlungen entstehen vor allem durch den Verbrauch fossiler Brennstoffe – und durch den Wiederaufbau eines Landes, der ebenso einen erheblichen Teil der Gesamtemissionen ausmacht.“
Das Militär schadet sogar in Friedenszeiten dem Klima
Wie emissionsintensiv militärische Strukturen generell sind, hat ein Ökonomenteam der niederländischen Bank ABN AMRO untersucht: Ein Soldat verursacht im Schnitt zwei- bis dreimal so viele Emissionen wie eine Beschäftigte in der zivilen Wirtschaft. Das sei nicht überraschend, sagt Klimaforscher de Klerk gegenüber der ZEIT: „Es geht um schwere Ausrüstung, die produziert werden muss, aber auch um ständige Mobilität – schnelle Verlegung, Bewegungen über große Distanzen. Und all das basiert nahezu vollständig auf fossilen Brennstoffen.“ Dagegen mache eine einzelne Rakete oder eine Explosion im Gesamtumfang nicht viel aus.
Und die gewaltigen Summen an Emissionen werden nicht nur im Krieg erzeugt, sondern – wenn auch deutlich reduzierter – in Friedenszeiten. So ist das Pentagon der größte institutionelle Verbraucher fossiler Energie weltweit. Das Hauptquartier des US-Verteidigungsministeriums koordiniert die militärischen Streitkräfte der USA, plant Einsätze, verwaltet den größten Militärhaushalt der Welt und steuert Forschung, Rüstung sowie die globale Militärpräsenz. Laut einer Studie der Politikwissenschaftlerin Neta Crawford (PDF) stieß das Pentagon zwischen 2001 und 2017 rund 1,2 Milliarden Tonnen CO₂ aus – mehr als viele Industrie- oder Schwellenländer im selben Zeitraum. Seine globale Präsenz, Tausende Stützpunkte und ein gewaltiger Treibstoffbedarf machen das US-Militär zu einem strukturellen Klimafaktor.
Hinzu kommt die derzeitige Aufrüstung, ausgelöst durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine und die im Raum stehende Unsicherheit, ob die neue Trump-Regierung noch für Europas Sicherheit garantieren würde. Klimawissenschaftler de Klerk weist auf das Nato-Ziel hin, fünf Prozent des BIP für den Militärbereich aufzuwenden: „Dieser indirekte Effekt wiegt schwerer als die eigentlichen Emissionen durch Kriegshandlungen. Denn wir sprechen hier über enorme Investitionen in Rüstung, die sich über Jahrzehnte hinweg in zusätzlichen Emissionen niederschlagen werden.“