Als am Sonntag ein Glasfaserkabel zwischen der Schweden-Insel Gotland und dem Baltikum-Staat Lettland schwer beschädigt wurde, sei das keine Absicht gewesen. Der zerstörerische Anker sei aus Versehen gefallen. So die Reederei des verantwortlichen Frachtschiffs Vezhen.
In Schweden will das niemand so richtig glauben.
Was ist passiert?
Am Sonntag stellten die lettischen Behörden einen erheblichen Schaden an dem Ostseekabel fest. Das Kabel gehört dem lettischen Telekommunikationsunternehmen LVRTC und verläuft zwischen Gotland und Lettland.
Noch am Sonntagabend teilte die schwedische Staatsanwaltschaft mit, dass Verdacht auf Sabotage besteht und eine Untersuchung eingeleitet wird. Das Schiff, das für die Sabotage verantwortlich sein soll, ist die Vezhen, die unter der Flagge von Malta fährt und einer bulgarischen Reederei gehört. Aktuell war die Vezhen auf dem Weg von Russland nach Dänemark.
In der Nacht zum Montag beschlagnahmte die Küstenwache den Frachter. Seitdem liegt er im Hafen der schwedischen Stadt Karlskrona, während die Küstenwache das Schiff und alle Daten untersucht.
„Anker fallen nicht aus Versehen“
Die bulgarische Reederei „Navibulgur“, die für das Schiff verantwortlich ist, weist jeden Sabotage-Verdacht von sich. CEO Aleksandar Kaljev gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters: „Die Vezhen kann den Kabelbruch ausgelöst haben, aber es war keine Absicht. Aufgrund von hartem Wetter versagten die Sicherheitsmaßnahmen, und der Anker fiel von selbst.“
► Peter Sigray, Forscher an der Marine-Fakultät der Technischen Hochschule, gegenüber der Zeitung „Expressen“: „Ich habe auf Schiffen gearbeitet. Man kann seinen Anker nicht verlieren. Das kann einfach nicht passieren. Wenn man den Anker fallen lässt, machen die Ketten einen unfassbaren Lärm. Man merkt es sofort. Ich betrachte diese Erklärung als äußerst unwahrscheinlich.“
► Professor Hans Liwång von der Universität der schwedischen Armee ist derselben Ansicht: „Es kommt einfach nicht vor, dass ein Schiff einfach so den Anker fallen lässt. Die offen zugänglichen Daten zeigen außerdem, dass das Schiff seinen Anker an der ganzen Küste Gotlands hinter sich hergeschleppt hat und dabei immer wieder Kabel streifte.“
Er forderte inzwischen im finnischen TV-Sender YLE, dass die Ostseekabel in Zukunft besser überwacht werden. „Vielleicht wäre es am besten, wenn die Kabel selbst registrieren könnten, was um sie herum passiert. Technisch ist das heute möglich.“
Noch ungeklärt ist, wem das Frachtschiff eigentlich gehört. Offiziell soll die bulgarische Reederei die Besitzerin sein. Inzwischen melden jedoch einige skandinavische Medien, dass es dem chinesische Staatsunternehmen Hai Kuo Shipping 2015B gehört. Die Eigentümerstrukturen sind äußerst verworren und schwer zu durchschauen.