Tiflis – Am Tag sitzen sie im Hörsaal, in der Anwaltskanzlei oder arbeiten als Model. Doch in der Nacht setzen sie Masken auf und gehen dorthin, wo seit elf Tagen zehntausende Menschen vor dem Regierungssitz gegen die Politik von Georgien-Premierminister Irakli Kobachidse (46) demonstrieren: auf dem Platz vor dem Parlament in der Hauptstadt Tiflis. BILD erzählt die Geschichten hinter den Masken.
„The Punisher“ ist Mathe-Student
„Er heißt Jonny (26), ist Student der Mathematik und nennt sich „The Punisher“ („Der Bestrafer“). Seine Fantasie-Maske soll nicht nur Furcht einflößend auf die Staatsmacht wirken, sie erfüllt auch einen medizinischen Zweck. Jonny: „Die Spezialeinheiten haben uns mit Tränengas beschossen. Ich habe ein Projektil auf die Wange bekommen. Sie wurde angebrochen. Die Maske schützt mich jetzt, wenn wir wieder ins Visier geraten.“
Der Student gibt sich entschlossen: „Ich nenne mich nicht umsonst ‚The Punisher‘. Ich werde für unsere Freiheit kämpfen. Jeden Tag, bis wir Neuwahlen bekommen.“
Andria, der Aufräumer
Am Tag arbeitet Andria (24) als Assistent in einem Verwaltungsgebäude in Tiflis. Seit den Wahlen am 26. Oktober will er sich wehren, geht jede Nacht vor das Parlament. „Die Ergebnisse wurden gefälscht. Sie wollen nicht, dass wir uns der EU anschließen. Die Regierung hat Angst vor unserem Freiheitswillen.“
Andria steht bei den Demonstranten in erster Reihe! Mit seinen Handschuhen greift er sich die abgefeuerten und heißen Gaspatronen auf der Straße und taucht sie in einen Eimer mit Wasser. „Dann verlieren sie ihre Wirkung“, sagt der Aufräumer.
Die Anwältin und das Model
Lika (31) ist Anwältin in einer Kanzlei in Tiflis. Ihr Spezialgebiet: Familienrecht. Ihre Freundin Teo (26) arbeitet als Fotomodel. Jeden Abend gehen die Frauen mit Sturmhaube und Gasmaske auf den Parlaments-Platz, demonstrieren mit ihren Landsleuten gegen die russlandfreundliche Politik der Regierung. „Wir sind freie Menschen und wollen in einem freien System in Europa leben. Das ist unser Recht, dafür werden wir kämpfen.“