Jetzt wird es ernst …
Am Montagmorgen beginnt die Woche der Wahrheit für die Regierung in spe – platzen die Koalitionsgespräche oder finden CDU, CSU und SPD doch noch zusammen?
Die Frage ist berechtigt: Bei den zentralen Themen liegen Union und SPD weit auseinander!
Brisant: In der entscheidenden Frage der Migration zerstritten sich die Verhandlungsführer der Parteien so stark, dass die Gespräche zeitweise abgebrochen wurden.
Wegen Asyl liegen die Nerven blank
Über allen Problemen steht der Kernkonflikt: die Zurückweisung illegaler Migranten an der Grenze – auch bei einem Asylgesuch!
Die SPD will das nur mitmachen, wenn die betroffenen europäischen Nachbarstaaten vorher um Erlaubnis gefragt werden. Die Union will sie lediglich in Kenntnis setzen – wohl wissend, dass bei einigen EU-Partnern hier keinerlei Kooperation zu erwarten ist.
Die Nerven der Unterhändler liegen absolut blank!
Das ging sogar so weit, dass nach BILD-Information am vergangenen Donnerstagabend der Streit in der Arbeitsgruppe „Innen & Recht“ vollständig eskaliert ist. Die Teilnehmer verließen düpiert den Raum. Die Atmosphäre: Vergiftet!
Was war passiert?
Am Ende geriet die Runde bei der Speicherung von IP-Adressen in die Haare. Streitfrage dabei: Wie lange dürfen die Daten gespeichert werden und wer darf sie nutzen?
Die Union will die Daten länger als bisher speichern, sie bei konkreten Gefahren BND, BKA und Verfassungsschutz zugänglich machen. Die SPD ist strikt dagegen, wollte dann sofort Themen, über die in der Runde schon Einigkeit herrschte, „wieder aufmachen“, hieß es zu BILD.
Hintergrund: Bei der Aufklärung von Straftaten im Netz, sowie bei der Terror-Abwehr spielen IP-Adressen von Internet-Nutzern eine zentrale Rolle. Sie sind der einzige Weg, um Tatverdächtige zu identifizieren und zu überwachen – und: Sie sind oft der einzige Ermittlungsansatz!
Aus SPD-Kreisen heißt es zu dem Streit zu BILD: „Einige aus der Union wollen den deutschen Behörden die gleiche Rechte geben, wie sie der chinesische Geheimdienst hat. Das geht aber nicht, wir sind nun mal eine Demokratie.“
Union und SPD geben sich gegenseitig die Schuld
Doch: Wer war schuld an dem Streit? Darüber gibt es unterschiedliche Aussagen:
▶︎ Aus Union hieß es zu BILD: Dirk Wiese (41), Chefverhandler der SPD, sei plötzlich wutentbrannt aufgestanden und habe „zum Erstaunen“ der Union den Raum verlassen. Wiese sei nach dem Abbruch zunächst auch nicht mehr erreichbar gewesen, weder telefonisch noch per Mail. Er wollte dann schließlich am Freitag verhandeln – per Telefon-Schalte. Das habe die Union aber einhellig abgelehnt und sich mit der SPD auf Sonntagnachmittag vertagt.
▶︎ Aus SPD hieß es zu BILD: „Das stimmt so nicht.“ Das sei alles ein „Theaterspiel der Union“ gewesen. Und weiter: „Abbruch? Albern!“ Denn: „Das Einzige, was war: Die Union hat sich am Donnerstag kurzfristig beleidigt zurückgezogen.“ Aus SPD-Sicht wurden die Verhandlungen am Donnerstag also von Unionsseite abgebrochen! „Die sagten: Hier kommen wir nicht mehr weiter, und haben abgebrochen“, hieß es aus SPD-Verhandlungskreisen zu BILD.
Die Positionen sind völlig verhärtet:
▶︎ „Die Union will, dass wir Dinge unterschreiben, die sie auch mit Rechtsradikalen machen könnten“, schimpft die SPD.
▶︎ Die Union meint: „Die SPD hat einfach nicht verstanden, dass sie wegen der Migration die Wahl verloren hat und das sie jetzt mit ihrer Weigerung, das Thema zu lösen, die AfD stärkt.“
Für Union und SPD gilt nach dem Streit und dem Verhandlungsabbruch am Donnerstag das alte Motto von Herbert Wehner (SPD): „Wer rausgeht, muss auch wieder reinkommen.“
Weiter ging es in der AG „Innen & Recht“ am Sonntag ab 18 Uhr im Paul-Löbe-Haus, vorher stimmen sich die Parteien in kleinen Gruppen zur Verhandlungsstrategie unter sich ab.
Am Montag werden jetzt die Verhandlungsergebnisse aller Gruppen präsentiert.
Alles Strittige, was dann nicht gelöst wurde, wie das schwierige Thema Migration, landet am Ende auf dem Tisch der vier Parteichefs Friedrich Merz (69, CDU), Markus Söder (58, CSU), Lars Klingbeil (47, SPD) und Saskia Esken (63, SPD). Sie müssen sich einigen.
Ausgang: ungewiss.