Die Waffenlieferungen in die Ukraine haben 2024 zu einem neuen Höchstwert bei den deutschen Rüstungsexporten geführt. Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums genehmigte die Bundesregierung im vergangenen Jahr Ausfuhren von Kriegswaffen und militärischer Ausrüstung für 13,33 Milliarden Euro – so viel wie nie zuvor. Weit mehr als die Hälfte davon ging mit 8,15 Milliarden Euro an die Ukraine für den Abwehrkampf gegen den seit fast drei Jahren andauernden russischen Angriffskrieg.
Die Zahlen gehen aus einer Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der BSW-Bundestagsabgeordneten Sevim Dağdelen hervor, aus der die Nachrichtenagentur dpa zitiert. Das Ministerium hatte bereits am 18. Dezember vorläufige Exportzahlen für 2024 veröffentlicht, jetzt liegt die Statistik für das gesamte Jahr vor.
SPD, Grüne und FDP hatten sich in ihren Koalitionsverhandlungen eigentlich vorgenommen, die Rüstungsexporte einzudämmen und dafür ein Kontrollgesetz auf den Weg zu bringen. Dann kam mit dem russischen Einmarsch in die Ukraine die Kehrtwende in der Rüstungspolitik. Deutschland wurde zum zweitgrößten Waffenlieferanten der Ukraine nach den USA. Derzeit gibt es allerdings einen Streit zwischen den Koalitionspartnern über weitere Waffenlieferungen an die Ukraine noch vor der Bundestagswahl. Zudem ist umstritten, ob die Ukraine auch deutsche Taurus-Marschflugkörper erhalten soll.
Lieferungen an die Türkei auf höchstem Stand seit 2006
Schon 2023 erreichten die Exportgenehmigungen für Rüstungsgüter einen Höchststand von 12,13 Milliarden Euro, der im vergangenen Jahr noch einmal um fast zehn Prozent übertroffen wurde. Der Anteil der Kriegswaffen lag bei 61 Prozent. Zweitwichtigstes Empfängerland nach der Ukraine war Singapur mit 1,21 Milliarden Euro. Dahinter folgen Algerien (558,7 Millionen Euro), die USA (319,9 Millionen Euro) und die Türkei (230,8 Millionen Euro).
Besonders Rüstungslieferungen an den Nato-Partner Türkei sind wegen der Menschenrechtslage dort, aber auch wegen des internationalen Agierens der türkischen Regierung etwa in Syrien umstritten. Nach dem Einmarsch türkischer Truppen in Syrien 2016 wurden die Exportgenehmigungen deutlich zurückgefahren. Jetzt sind sie mit den knapp 231 Millionen Euro wieder auf dem höchsten Stand seit 2006. Der Kurswechsel zeichnete sich bereits Ende September ab, als das Ministerium von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) mitteilte, dass wieder Torpedos, Lenkflugkörper und Bauteile für U-Boote in größerem Umfang für die Türkei genehmigt worden seien.
Umstrittene Rüstungsexporte nach Israel halbiert
Ebenfalls unter den zehn wichtigsten Empfängerländern der deutschen Rüstungsindustrie war 2024 Israel. Mit 161,1 Millionen Euro halbierte sich das Exportvolumen aber im Vergleich zum Vorjahr. Wegen des Kriegs zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas, in dem momentan eine Waffenruhe gilt, sind die Rüstungslieferungen nach Israel noch deutlich umstrittener als die in die Türkei. Die Bundesregierung begründet sie damit, dass die Sicherheit Israels für Deutschland wegen der historischen Verantwortung für den Holocaust zur Staatsräson zählt.
Die BSW-Politikerin Dağdelen kritisierte die Zunahme der gesamten Rüstungslieferungen und erhob schwere Vorwürfe an die Regierungsparteien. „Mit ihren Waffenexporten in neuer Rekordhöhe nähren SPD und Grüne Kriege weltweit“, sagte sie. „Mit der Ausrede, es ginge nur um die Ukraine, versucht die Bundesregierung, die Öffentlichkeit über diesen historischen Skandal zu täuschen.“