Sie erklomm den Olymp, ehe ihr Leben eine fatale Wende nahm.
Nach BILD-Informationen ist Ilke Wyludda tot. Die Diskus-Olympiasiegerin von 1996 starb am Sonntag im Alter von 55 Jahren in Halle/Saale. Über die Umstände ihres frühen Todes ist noch nichts bekannt. Sie soll seit Längerem an einer Krankheit gelitten haben.
Am Montagnachmittag bestätigte ihre einstige Trainingskollegin Silke Renk-Lange (54), heute Präsidentin des Landessportbundes Sachsen-Anhalt, den Tod der einstigen Top-Athletin. In Atlanta holte die gebürtige Leipzigerin mit 69,66 Metern Gold. Das hätte selbst in diesem Jahr in Paris noch für den Olympiasieg gereicht. Nach der Karriere dann der Schock. Die angehende Ärztin musste sich 2010 am Bein operieren lassen.
Dabei passiert das Unfassbare: Durch Krankenhauskeime entzündet sich eine Wunde, das rechte Bein muss nach dieser bakteriellen Infektion amputiert werden. Wyludda, ein Leben lang Sportlerin, saß plötzlich im Rollstuhl, ausgebremst von jetzt auf gleich, von 100 auf 0.
Da erwachte ihr sportlicher Kampfgeist neu. 16 Jahre nach dem Olympia-Gold, mit inzwischen 43 Jahren, war sie wieder im Wurfring. Wyludda startete bei den Paralympics 2012 in London in ihrer Lieblingsdisziplin, wurde dort mit 29,57 Metern Neunte. Im Kugelstoßen kam sie mit 10,23 Metern auf Rang 5.
„Ich habe die Atmosphäre aufgesogen, geschaut, was um mich herum passiert. Und ich habe mit 29,57 Metern Bestleistung geworfen. Die ganze Stimmung im Stadion, auch im Paralympischen Dorf, das ist das Kribbeln, das ich früher hatte“, sagte sie damals zu BILD.
Und war demoralisiert, weil sich lange niemand nach der Olympiasiegerin erkundigt hatte. „Zehn Jahre hat niemand nach mir gefragt. Es ist schade, dass erst so was passieren muss, damit man wieder interessant wird, und ernüchternd, dass man so schnell aus den Köpfen verschwindet“, sagte sie 2012: „Ich hoffe, dass die Leute generell einfach mal fragen, was aus diesem oder jenem Olympiasieger geworden ist, ob und wie er ins normale Leben gefunden hat.“
Die Leichtathletik-Szene reagiert geschockt. Astrid Kumbernuss (54), Kugelstoß-Olympiasiegerin von 1996, zu BILD: „Das ist tragisch. Keiner sollte so früh gehen, das ist schon doof. Sie war sehr ehrgeizig, fast vom Ehrgeiz zerfressen. Eine fabelhafte Sportlerin, die viel über die Kraft, weniger über Technik kam.“
Renk, 1992 Speerwurf-Olympiasiegerin: „Die Nachricht ist hart und furchtbar und macht mich fassungslos. Ilke hatte schon früh nach ihrer Laufbahn mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Jedes Mal hat sie dabei in die Kacke gegriffen. Sie war immer eine Kämpferin, hat aber ihren letzten Kampf leider viel zu früh verloren.“
In den BG-Kliniken „Bergmannstrost“ in Halle/Saale hat Wyludda, die seit Kindheitstagen Ärztin werden wollte, gelernt und gearbeitet. „Ich arbeite auf der Station, nehme den Leuten Blut ab, rede viel mit Patienten und assistiere bei Operationen“, so Wyludda einst.
Zudem studierte sie Rehabilitation, Prävention und Therapie, absolvierte auch eine Ausbildung zur Physiotherapeutin und führte seit 1997 eine eigene Praxis. Später wurde sie Anästhesistin.
In ihrer Karriere wurde Wyludda auch zweimal Vize-Weltmeisterin (1991, 1995), zweimal Europameisterin (1990, 1994) und mehrfach DDR- und später Deutsche Meisterin. Den Junioren-Weltrekord von 74,40 Metern hält sie bis heute.
Im Para-Sport waren ihre größten Erfolge WM-Silber 2015 und EM-Silber 2014 im Kugelstoßen sowie EM-Bronze 2014 mit dem Diskus. Den Start bei den Paralympics 2016 in Rio de Janeiro verhinderte eine Schulter-Verletzung.
Als Athletin, die in der DDR groß wurde, kam auch immer wieder das Thema Doping auf. „Ich kann von mir behaupten, dass ich einen sauberen Sport ausübte. Aber Doping wird es solange geben, wie es immer noch weiter, höher und schneller gehen soll. Natürlich bin auch ich für gründliche Doping-Kontrollen, habe davon genügend selbst hinter mir“, erklärte sie.
Nun starb sie. Deutschland ist um eine großartige Sportlerin ärmer.