Vier Männer zwischen 40 und 50 sitzen im Seminar zur Dekonstruktion männlicher Stereotype und fallen durch Verweigerung auf – beim Netflixprojekt klingt also schon die Ausgangslage mehr nach TV-Serie als nach echtem Leben. Es geht, vordergründig betrachtet, um die Krise des sogenannten modernen Mannes, aber eigentlich geht es vor allem darum, ein erfolgreiches Comedy-Franchise nun auch in Deutschland zu etablieren. basiert auf der spanischen Produktion die dort im Jahr 2022 ein riesiger Hit war und seitdem bereits für den niederländischen, französischen und italienischen Markt umgesetzt wurde. Alle Ableger bleiben inhaltlich nah beim Original, wurden aber an jeweilige kulturelle Gepflogenheiten angepasst. Sie sind Fließbandware, die funktioniert: In den deutschen Netflixcharts steht nach Angaben des Streamingdienstes derzeit auf Platz zwei.
Die Serie von Tanja Bubbel, Fabienne Hurst, Arne Nolting, Jan Martin Scharf und Tobi Baumann dreht sich um die Kölner Ulf, Cem, Andi und Erik, alte Freunde aus Schulzeiten, die nun gemeinsam in die Midlife-Crisis schlittern. Cem (Serkan Kaya) ist Psychologe, seit zwei Jahren geschieden und verunsichert von der neuen Datingwelt, weshalb er sich beim Tindern Ratschläge von seiner Tochter im Teenageralter holt. Ulf (Tom Beck) ist ein schwer erträglicher Karrieremacho: „Nennt mich Mister CEO!“, ruft er seiner Frau und seinem Ziehsohn morgens beim Abschied zu. Statt der erwarteten Beförderung bekommt er im Verlag des Männer- und Fitnessmagazins, für das er arbeitet, allerdings eine Frau als neue Chefin vor die Nase gesetzt – und kündigt vor lauter Kränkung. Vorher wirft er mit unangemessenen Fragen um sich: „Wie alt ist die denn? Und die ist eine Frau?“
Andi (Moritz Führmann) hingegen, ein eher sanftes Gemüt, gerät zwischen Vaterrolle, Arbeitsalltag und der sexuellen Frustration seiner Frau unter Druck. „Unser Sexleben wurde von zwei Tsunamis weggespült“, sagt sie. „Kind eins und Kind zwei.“ Um den Punkt im Gespräch mit einer Paartherapeutin besonders deutlich zu machen, heißt es weiter: „Mein Mann hat die Libido einer Topfpflanze.“ Der notorische Fremdgänger Erik (David Rott) hat zumindest dieses Problem nicht, fühlt sich aber plötzlich bereit, seiner Freundin einen Heiratsantrag zu machen. Sie wiederum überrascht ihn mit dem Wunsch nach einer offenen Beziehung – ein Balanceakt, für den Erik die emotionale Reife fehlt.
Mit diesen Vorgeschichten landen die Männer also im oben erwähnten Seminar, das vor allem Ulf nötig hat, um sich in der Berufswelt zu rehabilitieren – sein Meltdown im Büro der Männerzeitschrift wurde natürlich per Handykamera festgehalten. Statt sich nun aber den ersehnten Wisch für unbedenkliche Männlichkeit zu verdienen, verfangen sich die vier in zahllosen vermeintlich peinlichen Situationen und Themen, von ihrer Angst vor stockenden Karrieren über Elternschaft, Erektionsprobleme und Vasektomien bis zur Sprachlosigkeit vieler Männerfreundschaften. kostet all das mit viel Slapstick aus. Feinfühlig ist der Humor der Serie selten. Allzu tief schürfen will sie mit ihren Gesellschaftsdiagnosen schon gar nicht.
„Ich töte dich in deinem Schlaf“
Ein starkes Ensemble trägt trotzdem durch acht kurzweilige Folgen. Cems Datingerfahrungen sind auf vorhersehbare Weise amüsant: Eine Frau bringt ihren Sohn zur Verabredung mit, wo dieser dann zwischen zwei Minigolfrunden Richtung Cem raunt: „Ich töte dich in deinem Schlaf.“ Ulf, eine nicht nur namentlich kaum verschleierte Parodie auf den Journalisten Ulf Poschardt, versucht im Seminar, ein Comeback des Chauvinismus auszurufen. Daraus resultiert eine der besten Szenen der Serie, in der ein Raum voller Männer mit einer Hand an den Hoden auf und ab hüpft.
Der satirische Biss, der dabei aufblitzt, zeigt sich an anderen Aspekten von subtiler. Es sind vor allem die weiblichen Figuren, die hier vielschichtig entwickelt wurden: Silke (Franziska Machens) etwa, die Frau der libidinösen Topfpflanze Andi, die ihre eigene Midlife-Crisis zur sexuellen Erkundungstour ausgestaltet. Sie und andere Frauen aus der Serie sind lustig und klug, klopfen die besten Sprüche und treiben auch die Handlung am entschiedensten voran. Die vermeintlichen Titelhelden können darauf nur reagieren und tun das meist denkbar ungeschickt. Nicht nur sich selbst schaden sie damit, sondern auch allen um sich herum – was sie letztlich zu perfekten Repräsentanten des Patriarchats macht.
