Model Gisele Bündchen und Ex-Fußballstar Toni Kroos haben einen neuen Job: Die beiden sind künftig die Gesichter der bayerischen Modemarke Marc O’Polo. Das Familienunternehmen kündigt vollmundig die „größte Kampagne aller Zeiten an“ – zumindest in der Firmengeschichte.
Das will einerseits nicht viel heißen, ist doch die 1967 gegründete Marke global ein Zwerg. Doch im deutschen Umfeld mit Insolvenzen einst klingender Namen wie Esprit und Gerry Weber ist das ein starkes Zeichen.
„Profitables Wachstum steht für uns ganz oben auf der Agenda“, sagt Maximilian Böck, Chef des Unternehmens und Nachfolger seines Vaters Werner, der die Marke einst von Stockholm nach Bayern gebracht hat und zu einem klingenden Namen in Deutschland ausgebaut hat.
2018/19, im letzten Vor-Corona-Jahr, lag der Umsatz bei 420 Millionen Euro, 2023/24 nach Unternehmensangaben bei gut 600 Millionen Euro. Allerdings schwächte sich das Wachstum zuletzt wieder etwas ab.
Das soll die neue Kampagne verbessern. Sie steht auch für kleine Anpassungen an der Strategie. Vor zwei Jahren hatte Böck noch auf TV-Spots gesetzt, die das Marken-Image verjüngen sollten. Jetzt geht es mehr um digitale Werbung und Plakate – erstmals streng getrennt nach Damen und Herren statt mit Paaren.
Dabei hofft Böck auch, von den Pleiten von Esprit und Scotch & Soda profitieren zu können. „Das gibt uns Chancen – auch wenn es für die Branche sehr schade ist“, sagt er. Marc O’Polo könne so im Handel zusätzliche Regalfläche erobern, hofft er – und womöglich Neukunden gewinnen.
Denn über solche neuen Kunden will er die Marke leicht verjüngen: Das Durchschnittsalter der Kunden liegt laut seiner Marktforschung bei 51 Jahren, das der Neukunden drei Jahre darunter.
Marc O’Polo ist also eher eine Marke für Menschen in einem Alter, in dem sie etwas mehr Geld ausgeben können. Das hilft der Böck im Wettbewerb.
Zwar spürt auch er einen Rückgang der Laufkundschaft in den 107 eigenen Läden, davon 55 in Deutschland. Doch der Umsatz dort wachse trotzdem noch. Dennoch will Böck etwa über Verhandlungen mit Vermietern die Kosten drücken.
Das Geld soll stattdessen in Nachhaltigkeit fließen – etwa über den Einsatz von Bio-Baumwolle und neue Konzepte für die Wiederverwertung der eigenen Mode. Zwar sei dieser Punkt für die Kunden in der Inflationszeit weniger relevant geworden, doch mittelfristig könne sich die Marke damit profilieren, hofft Böck.
„Wir haben die Preise nicht erhöht, obwohl es die steigenden Kosten verlangt hätten“, sagt er. Profitabel sei das Geschäft jedoch weiterhin, sagt der Unternehmer, ohne Details zu nennen.
Experten sind geteilter Meinung über die Aussichten. „Es ist wichtig für die Zukunft, dass Marc O‘Polo einzigartig bleibt und sich im Kampf um Marktanteile nicht zu vergleichbar mit anderen Marken macht“, sagt Manuel Farrokh, Fashion-Experte bei der Beratung Dr. Wieselhuber & Partner. Marc O’Polo sei auf einem guten Weg, da die Marke konsistent geführt werde und Wert auf Qualität und gute Präsentation im Laden lege.
Expansion vor allem in Spanien und Italien
Markenexperte Franz-Maximilian Schmid-Preisler ist skeptischer. Er befürchtet, der Hersteller setze auf „Masse statt Klasse“ – also auf einen durch günstige Preise erkauften Umsatzplus, das zulasten von Verarbeitung und modischem Stil geht.
Die aktuellen Kollektionen sind aus seiner Sicht „nichtssagend“. Das schade mittelfristig der Marke – ähnlich wie es Esprit oder S.Oliver erleben mussten. Allerdings habe Maximilian Böck noch Chancen, die Marke zu sichern.
Der Firmenchef selbst bleibt vorsichtig. Er peilt für die kommenden drei Jahre nur ein einstelliges Wachstum an. Das ist weniger ambitioniert als zuletzt. So ist auch die eigentlich anvisierte Expansion in die USA vorerst aufgeschoben. Als Testlauf war Böck in Kanada gestartet, doch das gestaltet sich schwieriger als erhofft.
Der Austausch des dortigen Vertriebspartners soll nun neuen Schwung bringen. Ansonsten liegen die Wachstumshoffnungen eher auf den noch recht neu dazugekommenen Auslandsmärkten in Spanien und Italien. Zudem investiert Böck in ein neues SAP-System für die Warenwirtschaft.
Wachstumsfeld im Ausland ist vorwiegend die Herrenmode. Deren Anteil im Gesamtunternehmen steigt daher – zuletzt auf 38 Prozent.
Auf dem Werbegesicht Kroos lasten also Hoffnungen. Böck gibt dem Sportler bereits Vorschusslorbeeren: „Er passt perfekt zur Marke – authentisch, bodenständig und sozial engagiert. Der erfolgreichste deutsche Fußballer und nicht zu laut.“
Carsten Dierig ist Wirtschaftsredakteur in Düsseldorf. Er berichtet über Handel und Konsumgüter, Maschinenbau und die Stahlindustrie sowie Mittelstandsunternehmen.