Saisonabschluss im ARD-Sonntagabendkrimi! Die Bilanz zur Spielzeit 2024/25 fällt allerdings durchwachsen aus. Den Meistertitel dürften
der wie gemalt wirkende Münchner (Regie: Dominik Graf) und die politisch kluge und als
Kriminalfilm zugleich spannende Rechtsterrorismus-Folge
aus Stuttgart (Regie: Rudi Gaul) unter sich ausmachen. Weil
auch geschickt mit den rechten Diskurstrollereien linker Politiken und
Ästhetiken umging, fing sich dieser den Hass
in der Bubble ein, die er so genau beschrieb – was auch nur die
Leute überraschen kann, die behaupten, politisches Handeln gegen
Rechtsextremismus „verstärke“ den Opfermythos, wo das permanente
Rumgeopfere, das Gejammer und die Verantwortungsverweigerung fürs eigene Tun doch
konstitutiv ist für die politische Rechte.
Im blauen Trikot der
besten Mannschaft kommt der Schwarzwald- im Ziel an, der zwei
bemerkenswerte Folgen rausgehauen hat. Die gelungene Whodunit-Variation (Regie wiederum: Rudi
Gaul), die vorführte, wie Krimi-Routine durch Sinn für Details aufpoliert werden kann. Und die gewagtere Stresser-Nummer (Buch und Regie: Christina Ebelt), die in unserer
beschaulichen Runde hier
für engagierte Diskussionen sorgte.
Für den internationalen Wettbewerb qualifiziert sich auch der kürzlich gesendete
Wiener Polit-Reißer (Buch und Regie: Rupert Henning), der
durch Spiel, Text und Tempo beeindruckte.
In der Rückschau erwähnenswert sind unbedingt zwei
Überraschungen – also Schauplätze, die mit ordentlichem Quietschen aus dem gut
geölten Maschinenraum ihres Rufs auf sich aufmerksam gemacht haben. In
Ludwigshafen entfaltete (Regie: Miguel Alexandre) als Horror-B-Movie-Aufguss
erstaunlichen Drive, während, ja, Münster in
mit einem originellen Fall seltene Beschwingtheit versprühte (Regie: Isa
Prahl).
Dass der Obduktionsbericht bis hier wie der
klingt, war noch nie so gerechtfertigt wie angesichts der Abschlussfolge der
Spielzeit 2024/25. Die steuert der Frankfurt/Oder vom
deutsch-polnischen in Świecko bei, und der Titel (RBB-Redaktion:
Daria Moheb Zandi) lässt erkennen, dass es um Fußball geht. Die Geschichte spielt zur Zeit der
Fußball-EM der Herren, das Deutschland-Spanien-Spiel schafft dabei durchaus
wirkungsvoll Atmo, etwa bei einem Public Viewing.
Tot ist die nicht nur beliebte Chefin einer Gerüstbaufirma
und Lokalvereinmäzenin, die den Fußball-informierten
Namen Olivia Briegel trug. Für die Tat sind am Ende drei Jungs
verantwortlich, deren Motive der kumuliert, darunter der
zurückgesetzte Sohn Marco Briegel (Len Blankenberg), der als schwul geoutete
Robert (Lauri Kröck) und Kevin (Franz Ferdinand Krause), der zwecks
Turnierabsage durch Frau Briegel Sorge um seine Karriere hatte.
Für diese Ungeheuerlichkeit nimmt sich viel Zeit. Die in dem Fall besonders pikante Überbringung der
Todesnachricht an Marco Briegel wird so angemessen inszeniert wie das im
ARD-Sonntagabendkrimi (Drehbuch: Michael Fetter Nathansky, Daniel Bickermann,
Christian Werner, Regie: Christian Werner) unüblich ist: Kommissarin Luschke
(Gisa Flake) verschwindet mit Marco in die Umkleidekabine, weil Kollege Ross (André
Kaczmarczyk) die Nerven dazu nicht hat. Als beide rauskommen, wirkt Marco gefasster
als erwartet, was durch die später bekannt gewordene Tatbeteiligung
plausibiliert wird. Auch dass dem ohne Vater aufwachsenden Jungen eine
Sozialarbeiterin (Kotbong Yang) zur Seite gestellt wird, zeugt von einer
Sensibilität für Trauer und Nachsorge, die im ARD-Sonntagabendkrimi fast nie
eine Rolle spielt.
Es wird viel Polizeiarbeit gezeigt in diesem ,
also wie Ross und Luschke Leute befragen und deren Aussagen abgleichen,
Überlegungen anstellen und wieder verwerfen. Das Kostümbild (Majie Pöschke) beweist
gerade bei Kevins Oberteilen einen Sinn für Styles von heute. Die drei Jungs
sind gut besetzt (Casting: Tanja Schuh), das durchaus prominente Ensemble mit
Ivan Shvedoff und Hanno Koffler spielt überzeugend; Koffler etwa legt seinen
Fußballtrainer mit einer eigenen Sprechweise an als jemanden, der kurzatmig
jeden Satz auf Verständnis hin abdichtet mit einem Zustimmung suchenden, sich selbst versichernden „Ja?“ am Ende beinahe aller Sätze.
Und dennoch ist ein
ordentlicher, kein herausragender Krimi geworden. Was vielleicht auch an den
nicht so dynamisch wirkenden Fußballszenen liegt und der Engführung, mit der
Ross am Ende die Täterschaft über die Rollen auf dem Feld analysiert, als
stünde er an der Taktiktafel: Marco als Ausputzer, Robert als Lenker, Kevin als
Vollender.
So geht eine
durchschnittliche Saison adäquat zu Ende. Die neue Spielzeit kann also vor
allem besser werden. Nicht mehr dabei sein werden dann Janneke (Margarita
Broich) und der Grand Brix (Wolfram Koch), deren Zeit in Frankfurt am Main bis
zum Schluss nie richtig
schillerte. In Nürnberg ist die große Dagmar Manzel als Paula Ringelhahn
angemessen ausgestiegen.
Und die Ära Borowski (Axel Milberg) in Kiel ist ebenfalls Geschichte – mit
einer Folge, die in Erinnerung bleiben wird.