Was sagt Taylor Swift?
Eigentlich gar nicht so viel. Aber das auf Augenhöhe mit ihren Fans. „Wie viele von euch“, beginnt Swift ihren Post, „habe ich heute Abend die Debatte verfolgt.“ Das klingt erst einmal nahbar, sympathisch – aber auch nicht ganz ehrlich. Der Einstieg vermittelt eine gewisse Unmittelbarkeit, wurde aber, wie auch der Rest von Swifts Statement, mit großer Wahrscheinlichkeit schon vor der Debatte geschrieben. Der Post erschien schließlich mit perfektem Timing nur wenige Minuten nach dem Ende des TV-Duells.
Aber geschenkt. Niemand verlangt absolute Aufrichtigkeit von Instagram-Posts oder Popstars. Wichtig ist nur, dass Swift endlich sagt, was viele schon seit langer Zeit von ihr erwarten: . Als Begründung führt Swift an, dass Harris „wie eine Kriegerin“ für alle Anliegen kämpfe, die der Musikerin wichtig seien. Ein Sonderlob erhält Harris‘ Vizekandidat Tim Walz wegen seines Einsatzes für LGBTQ+-Anliegen sowie das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche und künstliche Befruchtung.
Zunächst aber – und das wird bei ihren Fans vielleicht sogar noch besser ziehen – erwähnt Swift, dass ihr selbst im aktuellen US-Wahlkampf Unrecht getan wurde. Trump habe über seine Kanäle KI-generierte Bilder verbreitet, die Swifts Unterstützung des republikanischen Kandidaten zum Ausdruck gebracht hätten. Das, schreibt Swift weiter, habe „ihre Ängste um KI und die Verbreitung von Falschinformationen“ noch einmal verstärkt.
Danach gibt Swift keine Wahlempfehlung im eigentlichen Sinne ab. Sie sagt ihren Fans nicht, was sie tun sollen, ermutigt sie nur, „eigene Recherchen“ anzustellen und „eigene Entscheidungen“ zu treffen. Bei ihr habe dieser Prozess eben zu einer Stimme für Harris geführt. Das ist kluge Kommunikation und Machtdemonstration zugleich: Für die meisten Fans besteht ja ohnehin kein Unterschied dazwischen, was Taylor tun und was man selbst tun würde.
Wie klingt’s?
Wie ein halb fertiger Taylor-Swift-Song. Man könnte die vier Instagram-Absätze der Künstlerin mit einer jener Synthieflächen unterlegen, die so stilprägend waren für ihr jüngstes Album , vielleicht noch eine selbstergriffene Klaviermelodie des Produzenten Jack Antonoff hinzufügen – und schon kämen die Milliardenstreams wieder von selbst zusammen. Einmal mehr wühlt sich Swift so richtig rein in eine brisante Zweierkonstellation, wägt alles ab, was es zwischen Harris und Trump abzuwägen gibt und bleibt bei aller Detailverliebtheit doch universell anschlussfähig.
Am Ende kommt dann die Pointe, das die kleine Gemeinheit, mit der Swift ihren Fans zu verstehen gibt, dass man einander echt richtig gut versteht. Nicht nur ihren Namen setzt Swift nämlich unter den Post, sondern auch den Zusatz „kinderlose Katzenlady“. Die Anspielung zielt auf J. D. Vance, den Vizekandidaten von Trump also, der demokratische Politikerinnen schon 2021 mit dieser Beleidigung bedacht hatte. Das ist nach der Erwähnung von Tim Walz nicht nur perfekte Songwriting-Symmetrie, sondern einmal mehr der Beweis: Taylor Swift vergisst nicht und verzeiht auch nicht, wenn ihr die falschen Männer dumm kommen.
Und was ist jetzt mit der Katze?
Ganz unabhängig von ihren politischen Ansichten und ihrem Musikgeschmack: absolut fantastisches, vorbildliches Tier! Es handelt sich wohl um einen Ragdoll-Kater, wobei nichts Näheres über seine persönliche Haltung zu Geschlechtsidentitäten und seine bevorzugten Pronomen bekannt ist. Er (versuchsweise) heißt jedenfalls mit vollem Namen Benjamin Button, und man kennt ihn schon vom Cover des , auf dem er wie eine sehr teure Plüschstola über Swifts Schultern hing, mit einem nachvollziehbar moderat amüsierten Gesichtsausdruck, da Katzen in der Regel nur ungern als fotografische Dekoidee arbeiten. Marcel Proust hätte dazu gesagt: „Sie machen ja ein Gesicht wie eine Nachtmütze!“
Benjamin Button ist offenbar sehr begabt in Gesichtsausdrücken, auch weil seine Augen wie antike Fischerkugeln aussehen, im Blau eines Bergsees des niederländischen Malers Jacob van Ruisdael. In dem nun kursierenden Instagram-Post guckt Benjamin Button damit ostentativ desinteressiert, obwohl unklar ist, woran. Am US-Wahlkampf, an der Musik seiner Mitbewohnerin oder am Internet? Es wäre alles verständlich. Der Kater jedenfalls verschränkt „die Arme“ dabei wie ein genäschiger Kaufmann aus dem 19. Jahrhundert, dem die Tochter gerade beichtet, dass sie sich in einen niederen Soldaten verliebt habe. Nach dem kommt nun das . Wer sich fertig informiert hat über seine Wahlentscheidung, sollte es sofort einüben.