„Das fundamentalste Prinzip ist die Unverletzlichkeit von Grenzen“

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat in seiner Rede auf dem Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos seine Unterstützung der Ukraine bekräftigt. Es müsse alles dafür getan werden, die fundamentalsten Prinzipien internationaler Ordnung zu erhalten. „Und das fundamentalste Prinzip ist die Unverletzlichkeit von Grenzen.“ Dies gelte immer und überall, ergänzte Scholz – ein Hinweis, der wohl auf die geopolitischen Bestrebungen Donald Trumps bezogen war.

Weiter sagte der Kanzler, wer dieses Prinzip infrage stelle, stelle  auch die internationale Ordnung insgesamt sowie Frieden und Wohlstand infrage. „Wir brauchen Klarheit und Standfestigkeit. Das gilt ganz besonders in Fragen von Frieden und Sicherheit“, sagte Scholz in seiner Rede. „Das letzte Wort müssen die Ukrainerinnen und Ukrainer selber haben.“

In Richtung des russischen Präsidenten Wladimir Putin sagte Scholz, dieser dürfe „mit dem von ihm entfesselten Angriffskrieg gegen die Ukraine keinen Erfolg haben“. Derzeit werde jedoch oft übersehen, dass Putin bislang auch keinen Erfolg habe: „Putin wollte die Ukraine und die EU auseinandertreiben. Stattdessen ist die Ukraine heute EU-Beitrittskandidat. Er wollte eine möglichst schwache, uneinige Nato. Stattdessen ist die Nato geeinter als je zuvor.“

Scholz plädiert für weiterhin enge Zusammenarbeit mit den USA

Vor dem Hintergrund geopolitischer Krisen forderte Scholz, einen kühlen Kopf zu bewahren. Dies gelte auch nach dem gestrigen Regierungswechsel in Washington. „Um es klar zu sagen: Die Vereinigten Staaten sind unser engster Verbündeter außerhalb Europas, und ich werde alles daran setzen, dass es dabei bleibt“, sagte der Bundeskanzler. „Weil das in unserem beiderseitigen Interesse liegt. Weil die enge Zusammenarbeit zwischen Europa und den USA unerlässlich ist für Frieden und Sicherheit weltweit. Und weil unsere Partnerschaft auch ein Motor ist für eine erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung.“

Über den am Montag vereidigten neuen und alten US-Präsidenten Trump sagte Scholz, dieser und seine Regierung würden „die Welt in den kommenden Jahren in Atem halten: in der Energie- und Klimapolitik, in der Handelspolitik, in der Außen- und Sicherheitspolitik und auf manch anderen Feldern“. Scholz mahnte zu einem Umgang mit der US-Regierung, der weder von unnötiger Aufgeregtheit und Entrüstung noch von falschem Anbiedern geprägt sei.

„Wir Europäer müssen aus uns selber heraus stark sein“

Aus dem Regierungswechsel in den USA leitete Scholz, wie vor ihm in Davos schon Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die Forderung an Europa ab, selbstständiger zu werden. Europa habe „das Zeug“ dazu, wettbewerbsfähiger und widerstandsfähiger zu werden. „Wir Europäer müssen aus uns selber heraus stark sein. Wir müssen zusammenhalten – untereinander und mit Partnern weltweit“, sagte der SPD-Politiker.

In diesem Zusammenhang forderte Scholz den Abbau von Bürokratie und Regulierungen sowie einen freien und fairen Handel. „Vom Wettbewerbs- und Beihilferecht über die Industrie- und Finanzpolitik bis hin zu einem modernen Einwanderungsrecht – all das gehört zusammen, wenn wir heute neues Wachstum in Europa begründen wollen“, sagte Scholz.

Die Zuhörerinnen und Zuhörer forderte Scholz auf, stärker als früher einzustehen „für unsere Überzeugung, für unsere Werte und für unseren Wohlstand“ – „standfest in unseren Prinzipien, gelassen in den allzu aufgeregten Debatten, pragmatisch im Handeln, eng verbunden mit alten und neuen Partnern.“

Zum jährlichen Treffen der Stiftung Weltwirtschaftsforum wurden mehr als 2.500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Kultur erwartet – darunter mehr als 60 Regierungschefs.

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