Auch wenn wir es uns wahrscheinlich nicht eingestehen wollen: Das Aussehen der Kandidaten wirkt sich auf unsere Wahl-Entscheidung aus!
Wissen Sie schon, wen Sie nach der Neuwahl als neuen Bundeskanzler wollen: Olaf Scholz (SPD), Friedrich Merz (CDU), Robert Habeck (Grüne) oder doch lieber eine Kanzlerin Alice Weidel (AfD)? Und warum Sie ausgerechnet für den einen Kandidaten oder die eine Kandidatin sind? Vielleicht auch, weil er oder sie besonders gut aussehend ist …?
► Zur Bundestagswahl 2017 hat Politologe Sebastian Jäckle (Uni Freiburg) mehr als 5000 Personen Fotos von gut 500 Direktkandidaten, die im Wahlkreis gegeneinander angetreten waren, auf Attraktivität bewerten lassen. Diese Bewertungen wurden dann mit dem Abschneiden der jeweiligen Kandidaten bei der Bundestagswahl verglichen.
Das Ergebnis: „Die attraktiveren Kandidaten haben zwei bis 4 Prozentpunkte mehr bekommen als ihre weniger attraktiven Gegner“, so Jäckle.
Was lässt sich aus diesem Experiment für die kommende Wahl ableiten? Welcher Kandidat kann über sein Aussehen punkten?
Wir reden uns ein, rational zu entscheiden
Klar ist, so Jäckle: „Das Aussehen der Kandidaten wird immer wichtiger, da Soziale Medien immer wichtiger werden.“ Heißt: Bilder und kurze Videos statt langer Argumente. „Wir reden uns ein, wir würden rational entscheiden – greifen in Wahrheit aber auf einfachere Eindrücke zurück und schließen von der Optik der Personen auf ihre Qualitäten.“
Die Merkmale, die für einen Wahlerfolg entscheidend sind: Attraktivität, Sympathie und Kompetenz.
Was heißt das für unsere Kandidaten?
► Für die Attraktivität von Männern am wichtigsten, so Jäckle: volle Haare. „Außerdem wirkt immer attraktiver, wer jung und dynamisch ist.“
Punkte für Habeck: volle Haare und oft jugendlich im Kapuzenpulli gekleidet. Scholz und Merz hingegen können beide nicht punkten!
► Sie können nur bei der Kompetenz wieder Boden gutmachen. Denn wer im Anzug auftritt, wirkt häufig kompetenter. Früher galt außerdem für Politiker: je älter, desto kompetenter. Und auch wenn laut Jäckle viele Beispiele aus den letzten Jahren zeigen, dass das Merkmal weniger wichtig wird: eher Punkte für den 69-jährigen Merz und 66-jährigen Scholz.
► Für Frauen gilt, erklärt der Experte: Lange Haare wirken deutlich attraktiver als Kurzhaarschnitte, zudem Natürlichkeit und nur dezenter Schmuck. Jäckle: „Alice Weidel setzt sich davon allerdings ab, sie versucht gar nicht, sich als Frau in den Vordergrund zu stellen.“
Hieße: Vor allem Habeck könnte durch sein Aussehen bei der Wahl punkten!
Jäckle sagt aber auch: „Durch ihre Attraktivität können vor allem unbekannte Kandidaten punkten. Gerade bei Wahlkreiskandidaten, die von den Wählern häufig nur kurz einmal auf einem Wahlplakat gesehen werden, wirkt der erste optische Eindruck stark.“ Je häufiger die Kandidaten etwa in Talkshow auftreten, desto mehr verbinden wir andere Eindrücke mit ihnen. Und, so Jäckle: „Ihr Aussehen rückt in den Hintergrund.“