Wer steckt hinter DeepSeek?

DeepSeek ist ein noch junges Unternehmen aus der Millionenstadt Hangzhou, dem Silicon Valley Chinas im Südosten des Großreichs. Das Start-up entwickelt Modelle für Künstliche Intelligenz, macht also ähnliche Dinge wie etwa OpenAI, Google oder der Facebook-Konzern Meta. Diese KI-Modelle stehen unter „Open Source“-Lizenz. Das bedeutet: Der Programmcode ist für alle interessierten Menschen einsehbar, darf frei genutzt und weiterentwickelt werden. Das Modell DeepSeek R1 treibt die erst vor wenigen Tagen veröffentlichte App „DeepSeek“ an. Die App ist kostenlos und hat in Rekordzeit die Spitzenposition in den App-Charts erstürmt, lässt Börsen weltweit beben.

DeepSeek bedient man so wie auch andere KI-Apps: Nutzer geben Fragen ein zu allem, was sie bewegt und erhalten Antworten – bisher allerdings nur schriftlich. Das geht auch auf Deutsch. Eine Spracheingabe und Ausgabe gibt es (noch) nicht.

Warum ist die Aufregung so groß?

Weil DeepSeek sehr viel weniger Rechenpower benötigt als die anderen konkurrierenden Modelle. Das heißt: Für vergleichbar gute Ergebnisse muss DeepSeek weniger Aufwand betreiben und kommt daher auch mit weniger leistungsfähigen Chips klar. Es müssen also nicht unbedingt die teuersten Nvidia-Chips sein, die momentan für alle anderen Konkurrenten die erste Wahl sind und daher auch die Aktienkurse des Unternehmens in enorme Höhen getrieben haben.

Bisher sind die meisten Expertinnen und Experten davon ausgegangen, dass an Nvidia kein Weg vorbeigeht. Nun deutet sich eine scharfe Trendwende an. DeepSeek sagt, dass für die Entwicklung seiner KI nur etwa 5 Millionen Dollar Investment nötig waren. Meta dagegen hat mehrere 100 Millionen Dollar benötigt, um seine Modelle zu entwickeln.

Genau das ist auch der Grund, warum die Börsen weltweit unsicher auf DeepSeek reagieren. Die großen Chip-Hersteller (wie Nvidia) wurden abgestraft, weil viele befürchten, dass sich die gewaltigen Investitions-Summen für die KI-Technik nicht mehr lohnen könnten.

Braucht DeepSeek also wirklich weniger Energie?

Ja, für das gleiche Ergebnis braucht DeepSeek deutlich weniger Energie. Laut DeepSeek sogar bis zu 70 Prozent. Der bisher so enorme Verbrauch kommt in erster Linie durch die hohen Anforderungen der Top-Chips von Nvidia zustande, aber auch durch die rechenintensiven Algorithmen der KI-Modelle. An der Effektivität hat DeepSeek gearbeitet, der Rechenaufwand konnte so stark reduziert werden. Ob der Verbrauch am Ende insgesamt sinkt? Eher unwahrscheinlich! Man wird nur mit dem bisherigen Energieverbrauch wesentlich mehr Leistung erreichen können.

Steckt westliche Technik in DeepSeek?

Die Technik hinter DeepSeek kommt nicht aus dem Nichts. Basis sind viele Forschungen aus internationalen Quellen, sicher sind auch die Grundlagen anderer KI-Modelle mit eingeflossen. Das ist aber kein ungewöhnlicher Vorgang, zumal westliche Konzerne auch das DeepSeek-Modell kostenfrei und auch kommerziell nutzen können.

Ohne westliche Hardware wäre übrigens auch DeepSeek nicht da, wo es jetzt steht. Denn das Unternehmen selbst gibt an, sein Modell auf rund 2000 Chips der H800er-Serie von Nvidia trainiert zu haben. Dieser Chip ist nicht von den Handelsbeschränkungen der USA betroffen, er gehört zu den weniger leistungsfähigen.

Aber: Es wird – unter anderem von Elon Musk – darüber gemunkelt, dass vermutlich auch leistungsfähigere Chips im Spiel waren, die China über dunkle Märkte aufgekauft haben könnte.

Ist DeepSeek wirklich besser als ChatGPT?

Man misst die Leistungswerte von KI-Modellen nach klaren Vorgaben und kann so nachweisen, dass DeepSeek in etwa gleich so gut oder sogar besser ist als seine Konkurrenten. Wer die App nutzt, bemerkt einen entscheidenden Unterschied: DeepSeek macht seinen Denkprozess sichtbar und erklärt, welche Aspekte und Überlegungen zu der Antwort führen. Das ist transparent und spannend mitanzusehen.

DeepSeek hat aber auch noch einen ganz entscheidenden Vorteil: Das zugrunde liegende Modell läuft auch ganz ohne Internet-Anschluss auf einem Computer, sogar auf einem Handy und vermutlich bald auch auf Kleinstcomputern, weil das Modell so effektiv ist.

COMPUTER BILD hat’s ausprobiert: Bitte keine Fragen zur chinesischen Diktatur!

Dass DeepSeek einen chinesischen Ursprung hat, lässt sich nicht verleugnen: Fragt man nach – für China – politisch heiklen Themen, steigt DeepSeek aus. So erkundigten wir uns etwa nach dem Massaker am Tiananmen-Platz während der Studentenrevolte 1989: DeepSeek schlug vor, doch lieber über etwas anderes zu reden. Und als wir nach der Lage der Minderheit der Uiguren in China fragten, brach der Denkprozess ab. Lesen Sie hier auch den Versuch von BILD.

Auch ist DeepSeek nicht allzu aktuell: So wusste das Modell nicht, dass Volker Wissing (ehemaliger Verkehrsminister der FDP) inzwischen aus der Partei ausgetreten ist.

Die Antworten auf typische Fragen und Aufgabenstellungen brachten in unseren Tests dennoch in etwa das, was wir auch bei ChatGPT & Co sehen. Für viele Menschen könnte es sich immer weniger lohnen, zum Beispiel das 20 Dollar Abo von ChatGPT abzuschließen.

Warum ist DeepSeek politisch so brisant?

Es geht um China gegen USA! Es ist sicher kein Zufall, dass das DeepSeek-Modell auf den Markt kam, nachdem Donald Trump sein 500 Milliarden Dollar Programm für KI-Zentren ankündigte. KI ist DIE Zukunftstechnik, wer hier die Nase vorn hat, hat in Wissenschaft, Wirtschaft, Militär und Technologie die Fäden in der Hand.

Mit Handelsbeschränkungen haben die USA versucht, China von den Top-Chips der Industrie fernzuhalten. Auch daher ist DeepSeek ein politisches Signal. China sagt: „Schaut her, wir erfinden KI einfach neu und brauchen eure Chips gar nicht“.

Die USA nehmen die Entwicklung ernst: Donald Trump bezeichnet DeepSeek als „Weckruf“, Investor Marc Andreessen als „Sputnik-Moment für AI“ – in Anspielung auf den historischen Moment, als die Sowjetunion 1957 den ersten Satelliten Sputnik ins All schickte und damit die USA im Kalten Krieg technologisch überraschte.