Die sächsische CDU will Chancen für eine gemeinsame Regierung mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) sondieren. Der Landesvorstand der Union stimmte einer Empfehlung der CDU-Verhandlungsgruppe zu, teilte die Partei mit.

Sachsens CDU-Chef Michael Kretschmer (49) betonte, die Union habe als stärkste Kraft bei der Landtagswahl den Auftrag zur Regierungsbildung erhalten. „Wir wollen weiter Verantwortung für den Freistaat tragen und den Bürgerinnen und Bürgern dienen. Dazu braucht es eine stabile Regierungsmehrheit“, erklärte Kretschmer.

Er fügte hinzu: „Wir werden den Weg in eine Koalition nur dann gehen, wenn wir der festen Überzeugung sind, dass sie dem Land dient. Kompromisse werden dabei notwendig sein, dürfen aber nicht an den Grundfesten unserer politischen Überzeugung rütteln.“

Zunächst hatte es heftigen Widerstand gegen die Entscheidung gegeben!

In einem offenen Brief (liegt BILD vor) lehnen jetzt neun namhafte sächsische Unionspolitiker eine Koalition mit dem BSW kategorisch ab, fordern stattdessen, eine CDU-Minderheitsregierung „gemäß den Regularien der sächsischen Verfassung“ zu bilden.

Die Unterzeichner gehören zum großen Teil zu jenen Bürgerrechtlern und späteren CDU-Politikern, die großen Anteil an der Friedlichen Revolution in Sachsen hatten.

Unter ihnen sind der bisherige sächsische Landtagspräsident und Landesvorstand, Matthias Rößler (69), der frühere Unionsfraktionsvize im Bundestag, Arnold Vaatz (69), Dresdens langjähriger Oberbürgermeister Herbert Wagner (76) sowie der frühere CDU-Fraktionschef im Landtag, Frank Kupfer (62).

In dem Schreiben gehen die Autoren Wagenknecht frontal an, werfen ihr vor, die Friedliche Revolution von 1989 als „Konterrevolution“ bezeichnet, Mauer und Stacheldraht verteidigt zu haben. Sahra Wagenknecht vertrete Positionen von Ulbricht, Lenin und Stalin. Das gehe aus ihren Schriften in den 1990er-Jahren hervor.

„CDU fängt sich den Betonflügel der früheren SED ein“

Wörtlich heißt es in dem offenen Brief: „Auch wenn sie (Wagenknecht, d. Red.) diese Positionen in letzter Zeit nicht wiederholt hat, so ist sie deren Geist jedoch stets treu geblieben. Mit dem ‚Bündnis Sahra Wagenknecht‘ und einer Neobolschewistin als Galionsfigur fängt sich die sächsische CDU den Betonflügel der früheren SED ein.“

Die Programmatik der Wagenknecht-Partei sei zudem ein „Anschlag auf die Westintegration und die soziale Marktwirtschaft und damit auf die politischen Fundamente der Bundesrepublik Deutschland.“

Der offene Brief wurde offenbar bewusst kurz vor der Landesvorstandssitzung der Sachsen-CDU am Freitagabend lanciert. Dort sei es laut Teilnehmern zu hitzigen Debatten um ein Zusammengehen mit dem BSW gekommen.

Spannungen im Vorstand – Hartmann rettet Kretschmer

Während CDU-Landeschef Kretschmer für Sondierungen warb, hätten mehrere Mitglieder massive Bedenken vorgetragen, heißt es. Darunter Matthias Rößler (69), Heimatunion-Sprecher Sven Eppinger (55) und der Bundestagsabgeordnete Jens Lehmann (56). Vor allem Rößler und Eppinger hätten sich erneut für eine Minderheitsregierung der CDU starkgemacht.

Es sei dem Eingreifen von Landtagsfraktionschef Christian Hartmann (50) zu verdanken gewesen, der Kretschmer in einer regelrechten Brandrede beisprang und die Stimmung drehte. Es gehe darum, jetzt erst einmal ergebnisoffen zu sondieren. Ob es dann tatsächlich zu einer Koalition mit dem BSW komme, sei bei Weitem nicht ausgemacht.

Der Vorstand stimmte schließlich mit 16 zu zwei Stimmen für Sondierungen, bei einer Enthaltung.