Bieterverfahren für neue Windparks in der Nordsee scheitert

Der Ausbau der Windenergie auf See hat nach Darstellung des Stromlobbyverbandes BDEW einen Dämpfer erhalten. Bei einer Auktion für neue Windparks in der Nordsee sei erstmals kein einziges Gebot eingegangen, teilte der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft am Mittwoch unter Berufung auf die Bundesnetzagentur mit. Es habe sich für zwei Flächen mit einer Gesamtleistung von 2500 Megawatt kein Investor gefunden. „Das erstmalige Ausbleiben von Geboten zeigt, dass die Risiken für Offshore-Windpark-Entwickler in den letzten Jahren erheblich zugenommen haben“, sagte Kerstin Andreae vom BDEW. Nötig sei eine umfassende Reform des Windenergie-auf-See-Gesetzes.

Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) führte das Scheitern auf zwei wesentliche Ursachen zurück. „Richtig ist, dass bei der letzten Ausschreibung keine Gebote eingingen“, sagte Reiche in Berlin. Das ausgeschriebene Gebiet sei aufgrund seiner geologischen Bedingungen mit höheren Risiken behaftet, was zu entsprechenden Aufschlägen bei den Bietern führe. Zudem seien Kunden bei Stromabnahmeverträgen in Zeiten von Negativpreisen nicht mehr bereit, diese zu erfüllen, was den gesamten Finanzierungsplan eines Projektes infrage stelle. „Es wäre sicherlich gut, wenn die Bundesnetzagentur einen Blick über den Kanal wirft und gegebenenfalls die Ausschreibungsbedingungen anpasst“, sagte Reiche mit Verweis auf Großbritannien, wo in einem ähnlichen Fall das Verfahren nachgeschärft worden sei.

In Deutschland sind derzeit nach Angaben des Bundesverbandes Windenergie 1639 Offshore-Windanlagen mit einer Gesamtleistung von 9,2 Gigawatt am Netz. Branchenverbände hatten bereits im Vorfeld vor wachsenden Risiken für den weiteren Ausbau gewarnt und auf Probleme bei der vorangegangenen Auktion im Juni hingewiesen. Diese war für lediglich 180 Millionen Euro bezuschlagt worden, deutlich weniger als in früheren Runden.

Ein zentrales Problem der nun gescheiterten Ausschreibung war laut BDEW zudem die geringere Wirtschaftlichkeit der Flächen. Wegen der geplanten hohen Bebauungsdichte würden sich die Windräder gegenseitig verschatten, was die sogenannten Volllaststunden und damit die Erträge deutlich senkt.

Die Branche fordert daher eine grundlegende Reform des Windenergie-auf-See-Gesetzes noch in diesem Jahr. Der BDEW forderte, das Fördermodell auf zweiseitige Differenzverträge (Contracts for Difference) umzustellen. Dabei wird ein fester Strompreis zwischen dem Staat und dem Anlagenbetreiber vereinbart. Liegt der tatsächliche Marktpreis darunter, gleicht der Staat die Differenz aus. Steigt der Marktpreis jedoch über den vereinbarten Preis, muss der Betreiber die Mehrerlöse an den Staat abführen. Deutschland will bis 2030 einen Anteil Erneuerbarer Energien am Stromverbrauch von 80 Prozent erreichen. Windenergie spielt dabei eine wichtige Rolle.

„Wie letztes Jahr in Dänemark für 3 GW fanden sich nun auch in Deutschland für 2,5 GW Offshore-Windenergie Projektvolumen keine Bieter mehr, die bereit sind, ungedeckelt negativ zu bieten und zusätzlich zweifelhafte und teure Nichtpreiskriterien zu erfüllen“, sagte Dennis Rendschmidt, Geschäftsführer des Industrieverbandes VDMA Power Systems. „Wie in Dänemark muss das dynamische Gebotsverfahren nun auch in Deutschland beerdigt werden, wie die Branche dies seit drei Jahren fordert.“

Die Stiftung Offshore Windenergie teilte mit: „Das laute Schweigen des Marktes ist ein klares Zeichen gegen das aktuelle Ausschreibungsdesign. Ein ‚Weiter so‘ ist damit vom Tisch“, sagte Geschäftsführerin Karina Würtz. „Jetzt ist die Politik gefordert. Durch eine grundlegende Reform des Ausschreibungsdesigns inklusive der Einführung zweiseitiger Differenzverträge für zumindest Teile der Flächen können die Finanzierungskosten des Offshore-Ausbaus drastisch gesenkt werden.“