Es ist die wohl bedeutendste politische Buchveröffentlichung des Jahres. Unter dem Titel „Freiheit“ erscheinen am 26. November die Memoiren von Altkanzlerin Angela Merkel (70, CDU).
Der „Zeit“ liegt jetzt ein exklusiver Vorabdruck von Teilen des Buches vor. Merkel schreibt darin über ihre Kindheit und ihr Studium in der DDR, ihre Wahl zur Bundeskanzlerin 2005, den NATO-Gipfel 2008, wo sie sich vehement gegen eine Aufnahme der Ukraine in die NATO stemmte und ihr erstes Treffen mit dem frisch gewählten US-Präsidenten Donald Trump (78) zu Beginn von dessen erster Amtszeit 2017.
Die wichtigsten Zitate aus dem Vorabdruck:
Merkel über …
… ihr Gespräch mit Papst Franziskus über den richtigen Umgang mit US-Präsident Donald Trump, 2017: „Ohne Namen zu nennen, fragte ich ihn, wie er mit fundamental unterschiedlichen Meinungen in einer Gruppe von wichtigen Persönlichkeiten umgehen würde.“ Der Papst habe sie sofort verstanden und erwidert: „Biegen, biegen, biegen, aber achten, dass es nicht bricht.“ Das habe ihr gefallen.
… ein Telefonat mit Donald Trump vor dem G20-Gipfel in Hamburg, 2017: „Er teilte mir mit, dass die Vereinigten Staaten ihre Mitgliedschaft im Pariser Klimaübereinkommen aufkündigen würden.“ Für Merkel ein „Schlag ins Kontor“.
… ihren Wunsch nach einer US-Präsidentin Kamala Harris: „Zu dem Zeitpunkt, da ich diese Zeilen schreibe, ist der Ausgang der amerikanischen Präsidentschaftswahl im November 2024 noch offen“, beginnt die Alt-Kanzlerin. Merkel wünschte sich „von Herzen“, dass sich Kamala Harris bei der Präsidentschaftswahl gegen ihren Mitbewerber durchsetze und „zur ersten Präsidentin der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt wird.“
… den Wut-Auftritt von Kreml-Chef Wladimir Putin (71) auf der Münchener Sicherheitskonferenz, 2007: „Mich regte vor allem seine Selbstgerechtigkeit auf.“ (…) Es habe in der Rede aber auch Punkte gegeben, „die ich nicht für völlig abwegig hielt“. Als Beispiel nennt Merkel Putins Kritik am Irakkrieg der USA. Merkel weiter: „In der Münchner Rede präsentierte sich Putin, so wie ich ihn erlebte: als jemand, der immer auf der Hut war, bloß nicht schlecht behandelt zu werden, und jederzeit bereit, auszuteilen, Machtspiele mit Hund und Andere-auf-sich-warten-Lassen inklusive.“ Selbst wenn man dies „kindisch“ oder „verwerflich“ finde, verschwinde Russland nicht von der Landkarte.
… ihr Eintreten gegen eine Aufnahme der Ukraine in die NATO, 2008: „Ich hielt es für eine Illusion anzunehmen, dass der MAP-Status („Membership Action Plan“-Status, Vorstufe zur Aufnahme in die NATO, d. R.) der Ukraine und Georgien Schutz vor Putins Aggression gegeben hätte.“ Es sei „illusorisch“, dass dieser Status „so abschreckend gewirkt hätte, dass Putin die Entwicklungen tatenlos hingenommen hätte.“
… einen möglichen Nato-Einsatz in der Ukraine im Falle eines Angriff Russlands: „Wäre es damals im Ernstfall vorstellbar gewesen, dass die Nato-Mitgliedstaaten militärisch – mit Material wie mit Truppen – geantwortet und eingegriffen hätten?“ Weiter stellt Merkel die hypothetische Frage, ob sie für einen solchen Einsatz im Bundestag eine Mehrheit bekommen hätte.
… ihre Kanzlerkandidatur gegen Gerhard Schröder, 2005: „Frau zu sein, das spürte ich, war definitiv kein Vorteil. Je näher der Wahltag rückte, umso mehr manifestierte sich das.“
... den Wahlabend 2005 und das schlechte CDU-Abschneiden: „Gefühlt war ich die Verliererin“. Tatsächlich jedoch hatte die Union weiterhin die reale Chance, zu gewinnen.
… die legendäre Elefantenrunde 2005 und den Polter-Auftritt von Gerhard Schröder: „Ich dachte: Wahnsinn! Was ist denn hier los?“ Sie habe nicht einschätzen können, wohin die Sache laufen würde, „es hätte mich aber sehr gewundert, wenn es gut war, was er gerade abzog.“