Beeinträchtigung für die Briefwahl? Die Warnstreiks bei der Post kommen zur Unzeit

Die Zahlen zum Postversand vor der Bundestagswahl am 23. Februar klingen gewaltig. Rund 61 Millionen Wahlberechtigte erhalten in diesen Wochen ihre Wahlberechtigungskarten nach Hause geschickt. Ende Januar steht fest, welche Kandidaten in welchen Wahlkreisen antreten werden. Gleich danach werden ab Anfang Februar die Stimmzettel an diejenigen Bundesbürger verschickt, die zuvor eine Briefwahl beantragt haben.

Danach wiederum muss der ausgefüllte Wahlbrief bis spätestens um 18 Uhr am Wahltag, einem Sonntag, dem Wahlamt vorliegen. „Briefwahlstimmen, die bis Donnerstag, den 20. Februar 2025 vor der letzten Leerung des jeweiligen Briefkastens eingeworfen oder in einer Filiale abgegeben werden, werden die Wahlbüros rechtzeitig erreichen“, heißt es dazu bei der Deutschen Post.

Es geht nicht um wenige Wähler. Bei der vergangenen Bundestagswahl im Jahr 2021 hat fast die Hälfte der Wahlberechtigten per Briefwahl abgestimmt. Allerdings ging dies auch auf die Einschränkungen in der Zeit der Corona-Pandemie zurück. Bei der vorherigen Wahl im Jahr 2017 hatte dieser Wert nur etwa halb so hoch gelegen, nämlich bei 29 Prozent. Dennoch ist der Anteil der Briefwähler in den vergangenen Jahrzehnten stetig gestiegen.

Doch ausgerechnet in die kommenden Wochen fallen die Tarifverhandlungen bei der Deutschen Post für 170.000 Beschäftigte im Brief- und Paketversand zwischen Verdi und dem Vorstand des Postkonzerns. Zwei Verhandlungsrunden hat es schon gegeben, die dritte Runde steht für den 12. und 13. Februar 2025 im Kalender. Einschränkungen im Postversand durch Warnstreiks sind jederzeit möglich.

Die Gewerkschaft fordert für die Tarifbeschäftigten eine Lohnsteigerung von sieben Prozent bei einer Laufzeit des Vertrags von zwölf Monaten. Zudem soll es drei Tage mehr Urlaub geben, für Verdi-Mitglieder sollen es vier Tage sein. Die Fachgewerkschaft DPVKOM, in der ebenfalls Postbeschäftigte organisiert sind, tritt mit der Forderung nach acht Prozent Lohnerhöhung an, mindestens jedoch 350 Euro Monatsplus. Zudem soll das Urlaubsgeld bereits ab dem ersten Beschäftigungsjahr gezahlt werden.

Bislang hat es laut Verdi keine Annäherung der beiden Seiten gegeben. Die Positionen lägen weit auseinander, es gebe „keine greifbaren Verhandlungsergebnisse“. Zur eigenen Forderung heißt es, dass sich „nur mit deutlichen Lohnsteigerungen für die Beschäftigten“ die hohen Lebenshaltungskosten bewältigen ließen.

„Unsere Mitglieder werden ihre Antwort mit Warnstreiks in den Betrieben geben“, sagte Andrea Kocsis, stellvertretende Verdi-Vorsitzende und Verhandlungsführerin. „Die Botschaft ist klar: Wir meinen es ernst, und wir sind bereit, für unsere Forderungen zu kämpfen.“ Für den Postkonzern äußerte sich Personalvorstand Thomas Ogilvie: „Unser Ziel bleibt es, innerhalb des vereinbarten Zeitrahmens eine gemeinsame Lösung zu finden, aber nicht um jeden Preis.“

Beide Gewerkschaften rufen zu Warnstreiks auf

Gleich zum Wochenstart hat Verdi nun mit Warnstreiks begonnen. Betroffen ist die Zustellung in Großstädten und größeren Städten in allen Bundesländern. Die Gewerkschaft DPVKOM will im weiteren Wochenverlauf zu Arbeitsniederlegungen aufrufen. In der kommenden Woche beginnt der Versand der Briefwahlunterlagen. Und eine Woche später geht es in die dritte Verhandlungsrunde über den Tarifvertrag bei der Post.

Zur Einordnung der Löhne bei der Post helfen diese Zahlen: Ein typischer Stundenlohn für einen langjährig Beschäftigten im Zustelldienst liegt bei 18 Euro. Die meisten Beschäftigten im Brief- und Paketversand der Post bekommen ein Brutto-Monatsgehalt zwischen rund 2500 Euro und 3500 Euro.

Es gibt noch eine weitere Besonderheit bei der Briefpost in Zeiten von Wahlen, und zwar betrifft sie das Tempo im Postversand. Das neue Postgesetz schreibt vor, dass die Deutsche Post 95 Prozent der Briefsendungen spätestens am dritten Werktag nach der Einlieferung zustellen muss. Genau dies gilt jedoch nicht bei Briefen im Zusammenhang mit einer Bundestagswahl. Denn die Vorgabe des Gesetzes zu Wahl- und Abstimmungsunterlagen sieht vor, dass diese Briefe spätestens am zweiten auf den Einlieferungstag folgenden Werktag zugestellt werden müssen.

Übrigens müssen Wahlbriefe nach Aussage der Deutschen Post bei der Rücksendung innerhalb der Bundesrepublik Deutschland nicht frankiert werden. Das betrifft Postsendungen der Briefwähler, also den Antrag auf Briefwahl ebenso wie das Zurücksenden der Stimmzettel. Die Kosten trägt der Bund.

Im Versand von Briefen und Paketen steht der Postkonzern in einer Phase des Umbruchs. Zwar schrumpft die Briefmenge in Zeiten der Digitalisierung um jährlich etwa drei Prozent, doch der Paketversand nimmt durch den Trend zum Online-Einkauf zu. Daher legt der Konzern beides in der sogenannten Verbundzustellung zusammen und bringt Briefe und Pakete in weiten Teilen Deutschlands mit der eigenen Fahrzeugflotte an die Haustüren oder Geschäftsadressen. Dieser Umbau erfordert Investitionen in die Infrastruktur etwa der Sortieranlagen, aber auch in die Nachhaltigkeit des Transports.

Mit einem Anteil von rund 90 Prozent im Briefversand dominiert die Deutsche Post dieses Versandgeschäft. Bei Paketen beträgt der Marktanteil rund 50 Prozent, der Rest verteilt sich auf Wettbewerber wie Hermes, DPD, GLS oder auch UPS.

Birger Nicolai ist Wirtschaftskorrespondent in Hamburg. Er berichtet über Schifffahrt, Logistik, den Tankstellen- und Kaffeemarkt sowie Mittelstandsunternehmen.