Wann wählen wir den Bundestag neu?
Kanzler Olaf Scholz sagte am Sonntag bei „Caren Miosga“, die Fraktionschefs von SPD und Union, Rolf Mützenich (65) und Friedrich Merz (69) sollten bestimmen, wann er die Vertrauensfrage stellt.
▶︎ CDU-Chef, Kanzlerkandidat und Geburtstagskind Friedrich Merz hatte ursprünglich auf den 19. Januar als Termin für die Bundestagswahl gehofft. Das ist vom Tisch, denn dafür hätte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Bundestag die Vertrauensfrage bereits an diesem Mittwoch stellen und 48 Stunden vorher beantragen müssen. Diese Frist ist abgelaufen.
▶︎ Die SPD will so spät wie möglich wählen: Das würde ihr Zeit geben, in den Umfragen aufzuholen, außerdem wählt die SPD-Hochburg Hamburg am 2. März ihre Bürgerschaft – davon erhoffen sich die Sozialdemokraten auch Rückenwind für die Neuwahl des Bundestags.
Gibt es schon bald einen Kompromiss?
Möglicherweise gibt es schon bei der Regierungserklärung am Mittwoch Klarheit – und beide Parteien rücken von ihren ursprünglichen Forderungen ab.
Merz nannte am Montag in der Sitzung des CDU/CSU-Fraktionsvorstands neue mögliche Termine, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen erfuhr: Der 16. oder 23. Februar seien gut zu erreichen.
Die „Rheinische Post“ (Dienstag) schreibt, Merz habe dort auch erklärt, der zunächst von ihm ins Spiel gebrachte Wahltermin 19. Januar sei zu ambitioniert.
Merz und Mützenich verhandeln – über eine Geheimtreppe!
▶︎ SPD-General Matthias Miersch (55) sagte am Montagabend bei „hart aber fair“, er wisse von „belastbaren Gesprächen“ zu den Terminen zur Vertrauensfrage und der Neuwahl. Das sagte er als Replik auf FDP-Vize Wolfgang Kubicki, der zuvor meinte: „Die (Merz und Mützenich, Anm. d. Red.) reden doch gar nicht miteinander!“
WELT-Journalist Robin Alexander bestätigte, dass es ein erstes Gespräch stattgefunden hat („Miersch hat recht“), auch das „Handelsblatt“ berichtet darüber. Demnach arbeiten die beiden Fraktionschefs „eng und vertrauensvoll“ zusammen. Dafür nutzten sie sogar ein separates Treppenhaus, das die Büros der beiden miteinander verbindet. Mal besuche Merz darüber unbemerkt den ein Stockwerk tiefer sitzenden SPD-Fraktionschef, mal komme Mützenich hoch zu seinem CDU-Kollegen.
▶︎ Zuvor hatte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtet, sie würden im vertraulichen Gespräch darüber beraten, wie es weitergehen soll. Auch die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete ähnlich.
Bei einer negativ ausfallenden Vertrauensfrage kann der Bundespräsident innerhalb von 21 Tagen den Bundestag auflösen. Scholz wollte die Vertrauensfrage ursprünglich am 15. Januar stellen, um eine Neuwahl Ende März (laut Grundgesetz 60 Tage nach Auflösung des Bundestags) stattfinden zu lassen. Nach starkem öffentlichen Druck hatte er sich am Sonntag in der ARD-Sendung „Caren Miosga“ bereit gezeigt, die Vertrauensfrage noch vor Weihnachten zu stellen – wenn Mützenich und Merz gemeinsam darüber übereinkommen.
Die Spitze der Unionsfraktion pocht weiter darauf, dass Scholz die Vertrauensfrage noch im laufenden Jahr stellt. In der SPD-Fraktion hatte es nach Informationen von Reuters auch den Vorschlag gegeben, am 20. Dezember die Vertrauensfrage zu stellen. Selbst dies wäre Merz aber zu spät.
Merz habe laut der „Rheinischen Post“ im Fraktionsvorstand auch gesagt, dass er Scholz bei Gesetzesvorhaben nicht mehr helfen wird, solange dieser die Vertrauensfrage nicht stellt. „Es kommt nur noch auf die Tagesordnung, was wir gemeinsam vorher besprochen haben“, zitiert ihn das Blatt nach Teilnehmerangaben.
Und der parlamentarische Geschäftsführer Alexander Hoffmann (49, CSU) sagte den Zeitungen der Mediengruppe Bayern, dass die Union die Tagesordnungen des Bundestages ab sofort pauschal ablehnen werde.