Nun also doch! Nachdem es zuletzt so aussah, als seien die Koalitionsverhandlungen in Thüringen zu Ende, bevor sie wirklich begonnen haben, soll es nun offenbar doch weitergehen.

Darauf haben sich die Spitzen von CDU, BSW und SPD in Geheimgesprächen übers Wochenende verständigt.

Bis zuletzt wurde dabei vor allem um die richtigen Formulierungen für eine Präambel im Sondierungspapier als Grundlage für die Koalitionsgespräche gerungen. BSW-Parteichefin Wagenknecht hatte das eigentlich bereits von allen drei Partnern abgesegnete Papier vor zehn Tagen gestoppt und Nachverhandlungen durchgesetzt.

Streitpunkte dabei: eine Ukraine-Friedensinitiative, die Ablehnung von amerikanischen Mittelstreckenraketen in Deutschland und die Nato-Westbindung.

Punkte, die erklärtermaßen sowohl für die CDU als auch die SPD als unverhandelbar gelten und der offiziellen Linie der jeweiligen Bundespartei widersprechen.

So schreiben die drei Partner in spe in ihrem Papier: „Wir erkennen aber auch an, dass viele Menschen in Thüringen die geplante Stationierung von Mittelstrecken- und Hyperschallraketen kritisch sehen.“ Stattdessen werden die Unterschiede ausdrücklich betont. Man sei „hinsichtlich von Waffenlieferungen an die Ukraine zur Verteidigung ihrer territorialen Integrität und Souveränität unterschiedlicher Auffassungen“, heißt es in dem Papier.

In Brandenburg hatten SPD und BSW dagegen erklärt, dass sie Parteien selbst kritisch zur Stationierung stehen.

„Es ist uns gelungen, einen Kompromiss zu finden“, versuchte Thüringens CDU-Landeschef Mario Voigt (47) die Dinge am Montagnachmittag zu erklären. Ihm sei wichtig gewesen, im Sondierungspapier die „Europäische Sicherheitsarchitektur“ zu verankern.

Thüringens BSW-Co-Chef Steffen Schütz (58) erklärte, dass „die Frage der Raketenstationierung ein großes Thema war“. Man habe sich in der Präambel darauf geeinigt, dass man der Stimme der Kritiker einen breiten Raum geben wolle mit einem Bürgerbeteiligungsverfahren.

Was genau damit gemeint ist – unklar. Auch im Sondierungspapier findet sich dazu kein konkreter Punkt.

Pakt gegen Höcke

Für SPD-Chefunterhändler und Innenminister Georg Maier (57) offenbar eine Kröte, die es zu schlucken galt. „Der Kompromiss ist gut, weil er die Unterschiedlichkeit gelten lässt.“ Es seien aber auch Formulierungen enthalten, die Bauchschmerzen bereiten.

Offenbar hatten sich die drei Parteien am Ende zusammengerauft, um zu verhindern, dass AfD-Rechtsaußen die Chance bekommt, sich quasi im Handstreich zum Thüringer MP wählen zu lassen. Dies hätte gedroht, wären sich CDU, BSW und SPD weiter uneins geblieben.

Die Koalitionsverhandlungen sollen am Dienstagmorgen offiziell starten. Geplant sind sieben Arbeitsgruppen zu den einzelnen Themenbereichen.

Was macht Wagenknecht?

Zudem ist es der Thüringer BSW-Landeschefin Katja Wolf (48) gelungen, die „Große Vorsitzende“ in Berlin auf den letzten Metern zu überzeugen und umschrieb den Kuh-Handel mit den Worten: „Es gab ein intensives Ringen.“

Heißt im Klartext: Wagenknecht hat den lange gesenkten Daumen wieder gehoben. Das allerdings ändert nichts daran, dass CDU und SPD noch immer in der Hand der BSW-Chefin sind.